Führung und Verpflegung der Millionenheere
Von Major a. D. Max von Schreibershofen in Berlin
! ie Zahl der Soldaten, die bei einem Kriege gegeneinander geführt werden sollen, hat die Millionengrenze längst überschritten, und doch zeigt sich noch kein Nachlassen in der Vergrößerung der Heere; im Gegenteil, alle Staaten sind eifrig bemüht, ihre Wehr- ^ kräfte weiter auszubauen und alle irgendwie verfügbaren Kräfte heranzuziehen. Dies hat bei den Staaten, die noch über einen Überschuß an Mannschaften verfügen, wie bei Deutschland, Österreich, Rußland, zu wiederholter Erhöhung der jährlich einzustellenden Rekrutenzahl geführt, bei Frankreich aber, dem Staate, der die vorhandenen Kräfte bereits voll ausgenutzt hat, zu einer Verlängerung der Dienstzeit, sowie zur Heranziehung sarbiger Truppen.
Zweck dieser stetigen Vergrößerung ist, die Überlegenheit der Zahl zu erreichen, die, wie auch 1870, tüchtigen Führern den Erfolg gewährleistet. Das Heer so stark wie möglich zu machen, ist demnach eine Pflicht der Heeresverwaltung, die dem Selbsterhaltungstrieb des Volkes Rechnung trägt.
Bei der steten Vermehrung des Kriegsheeres muß die Frage entstehen, ob man solche Massen im Zukunftskriege überhaupt noch einheitlich führen und leiten kann, und ob nicht die Schwierigkeit der Führung schließlich zu einer Begrenzung der Heere führen muß. Denn zweifellos wird die Führung schwieriger, je stärker die Heere selbst und damit auch die Räume weiter werden, die sie bei der Versammlung, beim Marsch und im Gefecht einnehmen. Napoleon ist zum größten Teile schließlich daran gescheitert, daß er die durch die Entfernungen bedingten Schwierigkeiten nicht richtig erkannte und daß ihm, als er sich ihrer bewußt wurde, die Mittel fehlten, ihnen zu begegnen. Seine ganze Kriegführung war auf kleinen Heeren aufgebaut, die er noch unmittelbar selbst zu leiten vermochte, die leicht zu verpflegen und schnell zu bewegen waren. Mit ihnen hat er jene großen Erfolge erzielt, durch die er zu einem der größten und bedeutendsten Heerführer aller Zeiten geworden ist. Als aber seine Heere so groß geworden waren, daß seine persönliche Einwirkung und unmittelbare Führung nicht mehr durchdrang, da blieben die Erfolge aus und schließlich unterlag er seinen zahlreichen Gegnern.