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Das Symbol im Kulturleben
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Das Symbol im Aulturleben

von Dr, W. Warstat in Altona

n mehr als einer Richtung zeigt unsere heutige Zeit wieder ein regeres Interesse am Symbol und seiner kulturellen Bedeutung. Das geht nicht nur daraus hervor, daß die Psychologie sich um die Erklärung und Erforschung der Symbolwirkung bemüht, daß die Ästhetik in immer ausgedehnterem Maße sich des Shmbol- begriffes in ihren Gedankengängen zu bedienen beginnt, sondern es kommt vor allen Dingen auch darin zum Ausdruck, daß die eigentliche Symbolwissenschaft, die Wissenschaft von der Geschichte und der Bedeutung des Symbols, einen neuen Aufschwung nimmt.

Eine solche Neuerscheinung auf dem Gebiete der Symbolwissenschaft ist SchlesingersGeschichte des Symbols"*), die sowohl in den engen Kreisen des gelehrten Publikums, als auch bei allen Gebildeten Beachtung verdient. Schlesinger unternimmt nämlich den Versuch, nicht nur einen Überblick über die Wortgeschichte des Symbols und die Geschichte des Symbolbegriffes zu geben, sondern er stellt auch über die anatomisch-physiologischen Grundlagen des Symbolisierens Ver­mutungen an und gibt die Geschichte der Symbolerjcheinung auf den einzelnen Lebensgebieten, in Recht, Religion und Kultus, in Wissenschaft und Kunst. Mau wird es vielleicht bedauern, daß es in diesem Buche trotz aller Bemühungen des Verfassers weder zu einer einheitlichen und klaren Formulierung des Symbol­begriffs, noch zu einer Psychologie der Symbolwirkung kommt. Daran ist wohl gerade die historische Methode schuld, die sich Schlesinger gewählt hat.

Trotz alledem ist aber dieses Werk für uns bedeutsam; denn es liefert uns ein erwunschtes^Material auS° der Geschichte des Symbols, mit dessen Hilfe wir die Wichtigkeit verstehen lernen, die das Symbol für alles Kulturleben hat. Schlesingers Untersuchungen öffnen uns die Augen über die Rolle, die das Symbol im Geistesleben vergangener Zeiten und Völker gespielt hat, sie reizen uns aber zugleich zu einer sinnenden Betrachtung dessen, was unsere Zeit heute noch an historischem Symbolbesitz ihr eigen nennt. Ebenso lockend erscheint es dann ferner, nicht mit rückwärts gewandten Blick stehen zu bleiben und das Gewordene allein zu betrachten, sondern weitergehend den Versuch zu machen, auch das Werdende zu belauschen und unsere Zeit beim Bilden neuer Symbole zu beobachten.

*) Berlin, Leonhard Simion Nachf. 1912. Preis M. 12. geb.