Der Kaiserin Zosephine Aufstieg
geweiht war, meinte, Josephine würde beim Wiedersehen mit dem Gatten „ihre Hochzettsmaske" vornehmen, aber dem schlauen Fuchse gegenüber vergebens; doch er täuschte sich. Als Napoleons Bruder Lucian diesen am anderen Morgen besuchte, fand er ihn da, wo er ihn am wenigsten erwartet hatte: an der Seite Josephinens im Bette liegend. Vergöttern wie einst konnte der Getäuschte die Frau allerdings nicht mehr, die ihn so schwer gekränkt, und resigniert meinte er, ein Gleichnis der Welt entlehnend, der er anderthalb Jahre angehört hatte: „Freundschaft von einer Frau fordern, das heißt, vom Wüstensande verlangen, daß er nicht wandere"; aber wenngleich seine Leidenschaft erkaltet war, warme Zuneignung hat er Josephine auch später noch bewahrt, und ab und an flackerte aus dem Aschenhaufen seiner Liebe doch die Flamme der alten Zärtlichkeit empor.
Der Staatsstreich des 18. Brumaire (9. Nov.) 1799 brachte den Sturz des Direktoriums; als erster der nun gewählten drei Konsuln fungierte Bonaparte, der mit seiner Gattin in das Luxembourg und Februar 1800 in die Tuilerien, das Wahrzeichen souveräner Machtfülle, übersiedelte. Die Lebensweise in dem alten Königsschlosse erinnerte zunächst allerdings noch an gut bürgerliche Verhältnisse, aber es fing doch eine neue Luft zu wehen an. Josephine war während ihres Witwenstandes in ihrem Umgange nicht gerade wählerisch gewesen; nun aber reformierte ihr Gatte ihren Salon gründlich und zwang sie, auf den Verkehr mit Personen nicht ganz einwandfreien Rufes zu verzichten: alte Nouös und ein halbes Dutzend mal geschiedene Frauen, Bekanntschaften aus der Periode des zur Direktorialzeit blühenden „Salon Barras" paßten in die neuen Verhältnisse nicht mehr hinein. Frau Tallien, deren Kleider oben zu kurz und unten nicht lang genug waren, erschien kaum noch in den Empfangsräumen und ebensowenig Frau Hamelin, die wie keine andere die Kunst verstand, Nuditäten durch Verhüllen mit verräterischer Gaze um so interessanter erscheinen zu lassen.
Die Stellung Bonapartes wurde bald eine solche, daß jeder einsah, nach Ablauf der zehn Jahre, für die er gewählt war, würde er sich nicht gut einem anderen unterordnen können; daher brachte ihm ein Plebiszit vom Mai 1802 das Konsulat auf Lebenszeit. Das war ganz zweifellos die Vorstufe zum Throne, und Kammerherren wie Präfekten überwachten in den Tuilerien null ängstlich ein Zeremoniell nach monarchischem Zuschnitt. Diplomaten, Künstler, Gelehrte, Handelsgrößen und vor allem natürlich Soldaten bildeten die Gesellschaft des neu geschaffenen Hoses, an dem zunächst begreiflicherweise manche Karikatur mit unterlief. Josephine erhielt jetzt ihren besonderen Hofstaat; unter anderem waren vier Ehrendamen ihres Winkes gewärtig. Aber auch ihr Privatleben gestaltete sich in mancher Hinsicht recht angenehm. Oft gab sie für die Frauen ihres näheren Verkehrs kleine Gesellschaften, bei denen es ungezwungen und lustig genug herging. Da erschienen beispielsweise die lebenslustige Gattin des bald gelegentlich der Ermordung des Herzogs von Enghien