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Aus Emanuel Geibels Schülerzeit : mit einem Brief und neunzehn ungedruckten Jugendgedichten :
(Schluß)
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Aus Lmanuel Geibels Schnlerzeit

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11. Friede

Wenn ich gedenke Wenn ich dich sehe,

An deiner Angen stilles Blau, Dann wird so weich, so warm mein Herz.

Dann ist's, als ob ans mich der Tau Es fliehen Leid und Qual und Schmerz Des Himmels sänke. Vor deiner Nähe.

Und Gottes Friede

Zieht ein in die zerrissne Brust,

Und meine stille, sel'ge Lust

Erblüht zum Liede.

Stark verändert steht folgendes Gedicht in denGedichten". 1. Aufl. 1841, S.49.

12. Frage

Wie die duftersüllte Blüte, Also schlummert, eine Blüte,

Weiß und rosenrot gesäumt, Noch das Herz in deiner Brust;

Am Orangenbaume schlummert Sprich, wann trägt eS goldne Früchte,

Und von künft'gen Früchten träumt: Liebesleid und Liebeslust?

k.

Die Weiße Rose Eine Weiße, dufterfüllte Rose

Gaedertz, S. 1VS.

Schottische Melodie Was geben die Sterne so trüben Schein? Gedichte aus dem Nachlaß, S. 39.

13. Spät

Schon streut der Mond die Silbcrstrahlen O könnten sie auf luft'gen Schwingen Wie Weiße Rosen in die Flut, Dir freundlich nahen, ungesehn,

Die Blumen schlummern in den Talen, Mit sanftem Grüßen dich umklingen, Der muntre Chor des Waldes ruht. Mit süßem Schlummer dich umwehnl

Dem Schlaf hat alles sich ergeben, Dann führten gern in lichte Räume

Die Liebe nur, die Sehnsucht wacht, Gleich stillen Engeln sie dich ein,

Und ihre leisen Lieder schweben Und lieblich sollten deine Träume

Wie blaue Fälter durch die Nacht. Wie deine fromme Seele sein.

14.*) Frühlingsfeier

Frühling, Frühling ist gekommen", Tausend Sänger, buntgefiedert,

Haucht mit leisem Klang der West, Sind zu ihrem Fest erwacht, Erd' und Himmel feiern heute Rote Rosen, Licbesfackeln,

Selig ihr Vermählungsfest. Flammen duftig durch die Nacht.

Siehst du nicht die Blumenkränze Und es rauscht und klingt und flgstert

Im Gelock des Mädchens blühn? In den Tiefen, auf den Höhn,

Siehst du droben nicht des Jünglings Und die Wonnetränen tauen, Großes Mondesauge glühn? Und die leisen Küsse wehn.

Aber wir, durch all' die Feier

Wandeln nur in stiller Lust,

Denn was Erd' und Himmel fühlen, ^_ Füllt auch uns, auch uns die Brust.

*') Neben sechs anderen Jugendgedichten von 1833 habe ich dieses zwar auf S. 449 der Nr. 27 des 32. Bandes einer Zeitschrift gefunden, konnte aber deren Titel nicht ermitteln.