Die Hohenzollern und die akademische Jugend
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Zeigte Friedrich der Große bei seinem Eingreifen in die akademische Zucht im ganzen ein richtiges Verständnis für das Wesen und die Eigentümlichkeiten der akademischen Jugend, so kündigte eine Verfügung Friedrich Wilhelms des Dritten vom 23. Juli 1798 den Geist des Polizeistaates an. der nach den Freiheitskriegen gegen Napoleon bis 1848 unbedingt herrschen sollte. Die nie zur Anwendung gelangte Verfügung ordnete an, daß bei groben, die öffentliche Sicherheit störenden Ausschreitungen in keinem Fall auf Geldbuße oder Relegation, sondern jederzeit auf Gefängnis oder körperliche Züchtigung erkannt werde. „Sollten", so fährt der Erlaß fort, „so grobe Exzesse vorfallen, daß eine vor- stehendermaßen zu schärfende Gefängnisstrafe nicht für hinlänglich zu achten wäre, so soll körperliche Züchtigung Platz greifen. . . . Eine jede solche Züchtigung muß als ein väterliches Besserungsmittel angesehen, sie muß im Gefängnisse in Gegenwart der Vorgesetzten vollstreckt und von diesen mit den nötigen Ermahnungen begleitet werden, überhaupt ist dafür zu sorgen, daß vernünftiges Ehrgefühl des Bestraften dadurch nicht gekränkt, sondern derselbe so behandelt werde, als wenn er sich noch auf einer niedern Schule und in den Jahren befände, wo Züchtigungen, welche Eltern und Lehrer veranlassen, in der Folge zu keinem Vorwurfe gereichen können."
Der Geist, der aus diesem Erlaß atmete, ließ ein engeres Verhältnis zwischen Fürsten und Studentenschaft nicht zustande kommen, und die Regierungszeit Friedrich Wilhelms des Dritten bildet in der Geschichte der deutschen Studentenschaft ein schwarzes, durch die harte Verfolgung der Burschenschaft gekennzeichnetes Blatt. Und doch verdankte ihm, dem Stifter der Universitäten Berlin, Breslau und Bonn, auch die deutsche Studentenschaft sehr viel, denn gerade von diesen Neuschöpfungen ging ein reiches wissenschaftliches Leben aus, das befruchtend auf ganz Deutschland überströmte. Der Aufschwung aber, den bie Wissenschaft nahm, und der sie bald zu einem der wertvollsten und unentbehrlichen Teile des Staatslebens machte, bewirkte mehr und mehr, daß die Hohenzollern dem Universitätsbetriebe nicht nur größere Aufmerksamkeit, sondern immer wärmere innere Anteilnahme widmeten. Während bisher bei der preußischen Prinzenerziehung die militärische Seite fast ausschließlich betont worden war, gewann jetzt die wissenschaftliche Ausbildung erhöhte Bedeutung, und die Hohenzollern traten als Jünger der Universität zu ihr in das engste Verhälnis. Prinz Friedrich Karl war der erste preußische Prinz, der sich immatrikulieren ließ, und seit dem Jahre seines Eintritts (1346) ist Bonn diejenige deutsche Hochschule geworden, welche wiederholt Hohenzollern- prinzen als Studierende in ihren Mauern beherbergt hat. Von November 1849 bis Ostern 1852 gehörte ihr der damalige Prinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich der Dritte, als Student an; vom Winterhalbjahr 1877/73 bis Ende Juli 1879 besuchte Kaiser Wilhelm der Zweite dieselbe Universität, und der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm verbrachte dort seit 1901 gleichfalls mehrere Semester als stuöiosus juns. ebenso auch später die meisten seiner