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Geschichtsphilosophische Probleme
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Geschichtsphilosophische Probleme

und Schiller erklären den Staat für ein Übel, wenn auch für ein notwendiges, Hegel dagegen für ein Göttliches und für den Gott auf Erden; und hundert Jahre später steht dem Individualismus Nietzsches mit seiner Geringschätzung des Staates der Staatssozialismus gegenüber, der die Allwirksamkeit des Staates in dieser oder jener Form proklamiert. Heute treten wir, denke ich, alle auf die Seite des Apostels Paulus und nicht auf die der Apokalypse. Der Staat ist das Wahrzeichen, unter dem und für den wir kämpfen. So hat uns der Krieg als der große Erzieher gelehrt, daß die Geschichte in erster Linie Staatengeschichte ist.

Alles das ballt sich aber nun zu dem zweiten Problem zusammen: gibt es historische Gesetze, wie es zum Beispiel in der Physik Naturgesetze gibt? Früher hat man dabei etwas gewaltsam konstruierend und darum fast kindlich empirische Gesetze aufgestellt wie das: die Weltgeschichte bewege sich von Ost nach West, womit wir rettungslos dem Panslawismus verfallen wären, was Hindenburg eben jetzt acl absurclum zu führen eifrig bemüht ist; oder: ein Volk erlebe nur einmal einen Höhepunkt, wie das Einzelleben schreite es von Kindheit zu Jugend zu Mannesalter und durchs Greisenalter schließlich zum Tode fort. Aber gerade wir Deutsche, denke ich, widerlegen auch dieses Gesetz: wir haben eine erste politische und kulturelle Blütezeit im Mittelalter erlebt und einen zweiten Aufstieg im neunzehnten Jahrhundert begonnen, wo zuerst die kulturelle, dann die politische Einigung unseres Volkes zustande gekommen und eine Höhe erreicht worden ist, um deren Erhaltung und um deren Hinauf­rücken und Emporbilden wir heute kämpfen. Aber wie steht es zum Beispiel mit dem Gesetz, daß auf die okkuvatorische die Naturalwirtschaft und auf diese die Geld- und schließlich die Kreditwirtschaft folge? Diese Reihe wiederholt sich bei den verschiedensten Völkern und ist wirklich eine natürliche und eben darum eine notwendige und gesetzmäßige Entwicklung. Ebenso ist es mit der jedem nationalen Aufschwung vorangehenden Bauernbefreiung in Rom so gut wie in Preußen: wo sie ausbleibt, geht ein Staat zugrunde, so Sparta; wo trotz ihrer der Aufstieg ausblieb wie in Rußland, da können wir die gegenwirkenden Ursachen nachweisen, so daß gerade die Ausnahme die Regel bestätigt. Wenn es aber solche Gesetze oder sagen wir vorsichtiger: so etwas wie analoge Fälle, typische Formen, sich wiederholende Entwicklungsreihen gibt, so ist damit die Behauptung, daß die Geschichte lediglich idiographisch sei, definitiv aus dem Felde geschlagen. Und endlich die psychologischen Gesetze sie lernen wir nicht bloß und in ihrer Tiefe überhaupt nicht im psychologischen Laboratorium kennen, wohl aber können wir sie als individuelle an den großen geschichtlichen Persönlichkeiten und als soziale und soziologische an den geschichtlichen Massen­vorgängen ablesen: ist aber die Geschichte der Erkenntnisgrund solcher Gesetze, so müssen psychische und psychologische Gesetze auch tatsächlich in ihr wirksam sein und herrschen.

Das führt auf ein neues, drittes Problem, die Frage nach den Trägern der Geschichte: sind das Individuen oder Massen? Einzelne oder Völker?