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Kriegerische Volkspoesie :
(Schluß)
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Kriegerische Volkspoesie

Von Dr. Lmil Lohn-Bonn (Schluß)

Bald begann die tröst- und freudlose Zeit des dreißigjährigen Krieges. Die tiefe politische und kirchliche Entzweiung, in der aller Nationalsinn zugrunde ging, mußte natürlich auch das Kriegshandwerk herunterbringen, so weit es noch herunterzubringen war.Beute war der unsichere Gewinn, sür den der Soldat sein Leben einsetzte, auf sie zu hoffen, die traurige Poesie, die ihn in verzweifelter Lage aufrecht erhielt." (Gustav Freytag.) Daß bei solcher Seelen­verwüstung keine sangbare Art entstehen konnte, und das, was entstand, bis auf dürftige Trümmer verklungen ist, ist verständlich. Zudem machte sich damals unter fremdländischem Einfluß eine sonderbare Art von Kriegsdichtung geltend, eine verschnörkeltalamodische" Poesie, die mehr galant als soldatisch war. und in der Gott Amor öfter eine größere Rolle spielte, als der dräuende Kriegsgott Mars. Nur selten finden wir ein so forsches und schneidiges Lied wie das der Mansfeldischen über den Sieg bei Wiesloch im Jahre 1622:

Wir haben den Tilly aufs Haupt geschlagen Es gab ein blutig Retirad,

Und täten ihn aus dem Felde jagen, Dabei auch noch gar mancher hat

Der Schimpf, der wird sich machen, Sein jung frisch Leben verloren,

Mit Gottes Hülf und unserm Schwert Den nun sein Mütterlein beweint,

Ihm teuer gemacht sein Lachen ja Lachen. Die ihn in Schmerzen geboren geboren.

Im allgemeinen aber kam man über Schimpf- und Spottverse nicht hinaus. So sangen die Schwedischen nach dem Siege über Tilly bei Breitenfeld (1631):

Zeuch, Fahler, zeuch, Fleuch, Tilly, fleuch,

Bälde woll'n wir'n Tilly dreschen, Aus Untersachsen nach Halle zu,

Woll'n ihm geb'n in Kraut zu fressen. Zum neuen Krieg kauf neue Schuh'

Zeuch, Fahler, zeuch. Fleuch, Tilly, fleuch.

Fleuch, Tilly, fleuch, Das Konfekt ist vergiftet worden, Du bist nun in der' Hasen Orden, Fleuch, Tilly, fleuch

Es schien, als wäre der Stern soldatischen Sanges am Erblassen. Wie wir aber manchmal wie durch ein Wunder im dürresten Land die blaueste Blume finden, so haben uns jene trostlosen Tage doch ein Lied gesungen, das golden nicht nur den Sang dieser, sondern aller Zeiten überstrahlt, das Soldaten­lied aller Soldatenlieder, mit dem noch heute bei uns die Tapferen im Felde begraben werden: