Reichsspiegel
(vom 16. bis 22. Januar)
„Marokko vor G ericht."
Berliner und Essener Urteile — Die Marokko-Agitation — Die unbestreitbaren Tatsachen — Vcrluschungsversuche — Dementi des Herrn v. Reibnitz — Berichtigung von Loebells
Wie in meineni Prozeß gegen die Post, hat sich auch das Schöffengericht zu Essen auf eine Beweisaufnahme nicht eingelassen, hat vielmehr alle Beweisanträge zurückgewiesen und mich wegen formaler Beleidigung der Leiter der Rheinisch-Westfälischen Zeitung zu 300 Mark Geldstrafe verurteilt.
Das Gericht in Essen hat sich aber insofern in Gegensatz zum Berliner Urteil gestellt, als es den Standpunkt einnimmt, ich hätte die Rheinisch-Westfälische Zeitung der Bestechlichkeit zeihen „wollen". Bei dieser für mich schmerzlichen und den Kern meiner Angriffe verschleiernden Sachlage habe ich nur den Trost, daß zwei preußische Gerichte über ein und denselben Fall verschiedener Ansicht sein können. In dem Berliner Urteil heißt es wörtlich:
„Aus den wörtlich wiedergcgebcnen Stellen des Artikels in den Grenzöoten konnte der Vorwurf entnommen werden, daß die drei genannten Blätter, darunter Die Post, in der das vaterländische Interesse so nahe berührenden Marvkkoangelegenheit nicht ihre eigene freie Meinung äußerten, sundein in einer materiellen Abhängigkeit von den an einem deutschen Landerwerb in Marokko interessierten Gebrüdern Mannesman,: deren einseitige Interessen verträten und das deutsche Publikum absichtlich irreführten.
Der Privatkläger hat zwar behauptet, daß er einen solchen Vorwurf nicht habe erheben wollen. Nach der Persönlichkeit des Privntklägers besteht auch an der Nichtigkeit dieser Erklärung gar kein Zweifel. Aber diese nachträgliche Erklärung ist für die Beurteilung der in den Grenzboten gemachten Ausführungen belanglos. Diese Ausführungen, und namentlich die Drohung, .die Fäden bloßzulegen, die die genannten Blätter mit den Herren Mannesmann verknüpften/ konnten sehr Wohl als der Vorwurf der materiellen Abhängigkeit von Mannesmann und der Bestechlichkeit aufgesaßt werden.
Das Gericht hat ohne Bedenken angenommen, daß der Angeklagte diesen Vorwurf in den Worten des Klägers gefunden hat."
Doch das ist, solange von einer Kritik des Versahrens in einem Presseprozeß abgesehen wird, eine mehr persönliche Seite der Angelegenheit, die für die Öffentlichkeit nur sekundäres Interesse hat.
Anders steht es mit der sachlichen. Ich habe den Beweis dafür angetreten, daß Fäden, wie ich sie vom ersten Tage an meinte: nämlich journalistische und