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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Arieger ische Poesie

Schwert und Leier find von alters her in engen Beziehungen gestanden. Von dem Schlachtgesang der Germanen Weib schon TacituS zu berichten. Preisende Lieder zu Ehren der Helden saugen die Krieger beim Becherklaug. Das Rolandslied anstimmend führte Taillefer seine Normannen bei Hastings zur Schlacht. Ritter und Knechte des mittel­alterlichen Feudalheeres gingen unter kriege­rischen Weisen in das Kampfgetümmel. Singend zogen die frumben Landsknechte hinter der rollenden Trommel durchs Land:

Hüt dich, Baur, ich komm,

Mach dich bald davon.

Hauptmnnn, gieb uns Geld,

Während wir im Feld.

Mädel, komm heran,

Füg dich zu der Kann.

Mit Landsknechtsliedern aus der Refor­mationszeit leitet Friedrich v. Oppcln-Vro- nikowski seine AnthologieDeutsche Kricgs- «nd Soldatenlieder, Volks- iind Kunstgesang 1500 bis 1900" (München, Martin Mörike, 2 M.) ein. Die Auswahl dieses ersten Ab­schnittes ist gut. Neben Jörg Grafs, Jakob Vogel und Peter Schöffer bringt er eine An­zahl Volkslieder und Gesänge zu Lob und Preis des Kriegshandwerks aus dem Wunder­horn, dem Ambrnser Liederbuch u. a. In dieser Landsknechtpoesie tritt uns das stolze Selbstgefühl eines durch strenge Gesetze in sich geschlossenen Soldatenstandes entgegen.

Lermcml Lerman! hört man die Trummen

spechten,

Darbet setzenS die ihren Rechte: Ein grüne Heid ist Richters Buch, Darein schreibt man die Urteil, Bis eim rinntS Blut in d' Schuch.

(Jörg Graff ISIS.)

Greuzboten ! 1912

Dem Zeitalter der Religionskriege ist der zweite Teil der Sammlung gewidmet. Auch aus deu Liedern der Soldateska des dreißig­jährigen Krieges spricht die Lust am Waffen- Handwerk; zugleich aber äußert sich der rohe Ton und die moralische Verwilderung jener Zeit.

Prinz Eugen und Friedrich der Große sind bor allem der Gegenstand der Kriegs­poesie des Zeitalters der Staatskriege. Leider häufen sich in diesem Teil der Sammlung die nachempfundenen Dichtungen. Das stört den Eindruck. Denn der Wert solcher An­thologien beruht doch in erster Linie in der ge­treuen Wiedergabe der zeitgenössischen Stim­mung und Auffassung. Wesentlich glücklicher ist die Zusammenstellung des vierten Teils, der das Zeitalter der Volkskriege behandelt und mit 1870/71 schließt. Man möchte hier nur noch manche Perle gerade der volkstüm­lichen Lieddichtnng aufgenommen Nüssen. Die Volkshymne gehört meines Erachtens nicht in die Sammlung; dagegen vermisse ich z. B. das in seiner schlichten Forin so ansprechende und noch heute in Soldatenkreisen viel ge­sungene:

Bei Sedan auf den Höhen,

Da stand nach blut'ger Schlacht

Im stillen Abendwehen

Ein Bayer auf der Wacht.

Leider kommt die Zeit der letzten vierzig Jahre gar nicht zu Wort. Was in ihr aus dem dichterischen Empfinden des Heeres heraus Form gewonnen hat, wäre wahrlich wert, ge­sammelt und bewahrt zu werden. Nament­lich möchte ich auf die in Nnteroffizierlreiseu entstandenen Soldatenlieder hinweisen, die nicht selten jene innig schlichte Kraft atmen, wie sie echten Volksdichtungen eignet.

Was C. Goedeckc in seinenSoldaten-, Kriegs- und Wanderliedern (Dresden,

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