Der Streit um den Hcmsabnnd
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redet Bueck im Titel seines Schriftchens von einer Rießerschen Parole zum „Kampf gegen rechts". Es würde ihm sehr schwer werden, den Beweis dafür anzutreten, daß Nießer ein solches Stichwort ausgegeben hat. Er redet ferner davon, Rießer wolle den Kampf gegen die konservativen Parteien bis aufs Messer führen. Auch das ist aus der Rießerschen Rede nicht zu belegen.
Die wertvollste Arbeit für seine Gedanken soll der Hansabund im politischen Wahlkampfe leisten und gerade da fürchtet die Industrie die Zukunft, indem sie darauf hinweist, daß das Eingreifen des Hansabundes in die bisherigen Neichs- tagsersatzwahlen entweder Sozialdemokraten oder die Gegner der Schutzzollpolitik gefördert habe, eine Behauptung, zu der der Hansabund unbedingt reden muß; sein bisheriges Schweigen ist nicht zu billigen. Man sagt sich in der Industrie, wenn die Arbeit des Hansabundes auch bei den nächsten Hauptwahlen zum Reichstage zu solchem Ziele führt, können wir nicht mitgehen. Das ist auch der Grundgedanke der Bueckschen Ausführungen. Wenn das richtig ist, was er von der Schutzzollgegnerschaft der verschiedenen Parteien sagt, so kann der Zentralverband deutscher Industrieller schlechterdings mit seinem eigenen Wahlfonds nur konservative. Reichstagskandidaten unterstützen, Angehörige aller anderen Parteien scheiden als mindestens unsichere Heerespflichtige ohne weiteres aus. Wie verfährt nun der Zentralverband selbst? In einer Flugschrift des mittelrheinischen Fabrikantenvereins zu Mainz von Ende Juli 1911 heißt es darüber: „Wir waren festzustellen in der Lage, daß bis in die Zeit der letzten Reichstagsersatzwahlen (also zu einer Zeit, wo Bueck noch Geschäftsführer des Zentralverbandes war) Angehörige der freisinnigen und nationalliberalen Partei, niemals aber Agrarier Wahlunterstützung aus dem Wahlfonds des Zentralverbandes deutscher Industrieller erhalten haben. Es liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß die künftige Verwendung in anderem Sinne erfolgen soll." Diese interessante Feststellung paßt zu den Bueckschen Darlegungen wie die Faust aufs Auge. Es ist aber ganz klar, daß man im politischen Kampfe gar nicht anders vorgehen kann, da man weder vom Zentralverband noch vom Hansabunde die Kandidaten aufstellen oder die Wahlkreise an die Parteien verteilen kann. Sondern man sieht sich unter den gegebenen Parteiverhältnissen die von den politischen Parteien vorgeschlagenen Leute darauf an, ob sie im Reichstage im allgemeinen als sachverständige Männer die gewerblichen Interessen verstehen und fördern können und wollen und muß daher auch Männer unterstützen, die nicht alle Anschauungen teilen, die die unterstützende Körperschaft in der Wirtschafts- und Sozialpolitik für richtig hält.
Die Schwierigkeit beim Hansabund liegt ganz wo anders. Bei ihm fragt es sich immer erst: ob er zu bestimmten Fragen eine bestimmte Stellung nehmen kann, ob sich unter seinen Mitgliedern ein Ausgleich der Anschauungen auf der berühmten mittleren Linie vollziehen läßt. Es ist natürlich recht mißlich, wenn man einen Kandidaten auf die Vertretung noch so allgemein ausgedrückter Interessen verpflichten will und man kann ihm gar nicht angeben, welches diese Interessen sind. Die Richtlinien des Hansabundes genügen zu diesem Zwecke vielfach nicht. Diese außerordentliche Schwierigkeit zu einheitlichen Beschlüssen in Wirtschaftsfragen zu kommen, macht den Hansabund so schwer beweglich und wenig produktiv. Das hemmt seine Wirksamkeit und bringt unter Umständen natürlich auch Fehlgriffe bei der Wahlarbeit mit sich. Doch das gehört in ein anderes