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Reichsspiegel :
(Vom 17. bis 23. Juli)
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Reichsspieael

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noch nicht so hochmögende Gouverneure wie jetzt. Es sei nur noch ein Punkt erwähnt, zu dessen Berührung eine allgemein gehaltene Bemerkung von Peters anregt. Er sagt nebenbei, daß wir von den Portugiesen, über deren Kolonien wir uns früher lustig machten, vieles lernen könnten, und da hat er recht. Die Portugiesen sind längst in ihren Teil des Ovambogebietes eingedrungen und haben eine Reihe von Stationen angelegt, die zum Teil sogar eigentlich aus deutschem Gebiet liegen sollen, während wir immer noch zögern, an die Erschließung des Ambolandes heranzugehen. Wenn man erfährt, mit welcher Energie die Portugiesen am Kunene und Okawango vorgehen, so mutet uns die ausweichende Erklärung, die jüngst der Gouverneur von Südwest im Landesrat abgegeben hat, reichlich sonderbar an. Mit ewiger Vorsicht kommen wir nicht weiter I

Peters meint so ungefähr, es werde in Südwest zuviel regiert, das Beamtentum tyrannisiere bis zu einem gewissen Grade das gesellschaftliche und öffentliche Leben, und auch darin hat er zum Teil nicht unrecht. Ein drastisches Beispiel können wir hier mitteilen; die Angelegenheit spielt zwar nach der Heimat herüber, aber sie läßt doch erkennen, wie sich die Welt in den Köpfen mancher beileibe nicht aller Beamten spiegelt. Da hatte sich ein um die koloniale Sache hochverdientes Blatt erlaubt, die Kameruner Amtstätigkeit des jetzigen Südwester Gouverneurs zu kritisieren. Die Folge war, daß die Zeitung von Windhuk aus unter schriftlichem Protest abbestellt wurde. Wenn die Herren die Zeitung nicht mehr lesen wollten, so war das ihre Sache, sie hätten aber nicht so kindlich sein sollen, dies ihrem Herrn und Meister zuliebe auch noch schriftlich mitzuteilen; das erregt nur Heiterkeit und beeinflußt die Publizistik in keiner Weise. Peters spielt sodann auf die verschiedenen Willkürakte an, die sich die Kolonialverwaltung gegenüber gerichtlichen Entscheidungen in letzter Zeit erlaubt hat. In diesem Fall müssen wir die Verwaltung der Kolonie in Schutz nehmen, denn sie hat hier nur den Weisungen aus Berlin entsprechend gehandelt. Bezeichnend ist, daß solche Rücksichtslosigkeiten eigentlich nur in der Ära Dernburg vorgekommen sind. Die Zahl der Beamten und die Stärke der Schutztruppe jetzt einzuschränken, wie Peters will, dürfte vorläufig nicht angehen, denn die Verhältnisse haben sich noch keineswegs so gefestigt, daß man ohne Gefahr die Verwaltung vorwiegend der deutschen Bevölkerung und die Sorge für die Sicherheit des Landes allein der Landespolizei überlassen könnte. Aber die Weiterentwicklung der Südwester Selbstverwaltung ist sicherlich dringend zu wünschen. Vorläufig haben sich die maßgebenden Berufs­stände noch nicht ganz auf einen feststehenden moclus vivencli geeinigt, wie u. a. die Spaltung des Farmerbundes gezeigt hat. Da die beiden feindlichen Lager zunächst wohl kaum auf der Grundlage einer Berufsvereinigung sich zusammenfinden werden, so ist regierungsseitig der Gedanke einer Landwirt­schaftskammer in die Debatte geworfen worden. Sie würde nun freilich einen Farmerbund nur unvollkommen ersetzen, aber doch wenigstens der Farmwirtschaft die Vertretung ihrer Interessen, wenn auch unter amtlicher Führung, sichern und dem späteren Wiederaufleben des Farmerbundes die Wege ebnen. Vielleicht kommt dann endlich ein ernsthafter Ansatz zu einem Kreditinstitut für die Farmwirtschaft heraus, dem die Bureaukratie anscheinend hilflos gegenübersteht. Auch wenn dadurch die Schuldenlast der Kolonie noch um eine bis zwei Millionen vermehrt würde, so würde sich dies auf der anderen Seite, auch für die anderen Berufsstände, bezahlt