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Reichsspiegel :
(Vom 17. bis 23. Juli)
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arten angebaut werden können und bereits mit Erfolg angebaut werden. Zum mindesten kann der Eigenbedarf des Landes gedeckt werden. Die Behauptung hinsichtlich der Viehzucht ist direkter Unsinn. Peters möge sich einmal die Statistik der letzten Jahre über die Entwicklung des Viehbestands ansehen und ein paar wirkliche Farmer befragen, ehe er sich wieder über Südwest ausläßt. Die Ansiedler führen auch kein ärmliches Dasein, es gibt vielmehr eine ganze Reihe von Farmern, die drüben zu Wohlstand gelangt sind. Natürlich fehlt es aber auch nicht an solchen, die erst vor ein paar Jahren mit unzureichenden Mitteln und Erfahrungen begonnen haben und in der gegenwärtigen Übergangszeit an Geldmangel leiden; aber dafür ist nicht das Land allein verantwortlich zu machen. Peters hat wohl auf dem Dampfer ein paar von den Leuten aus dem Süden der Kolonie kennen gelernt, die jüngst einen großen Notschrei in die Presse brachten, weil mit der Verringerung der Schutztruppe und der Fertigstellung der Eisenbahn die früheren glänzenden Verdienste geschwunden sind und man in den fetten Jahren nicht genug zurückgelegt hat, um ein paar magere aushalten zu können. Daß solche Leute die Gewährsmänner von Peters waren, geht u. a. deutlich aus der Art hervor, wie er das Eisenbahnnetz der Kolonie bemängelt.Völlig weggeschmissenes Geld soll z. B. die Linie SeeheimKalkfontein darstellen." Freilich für eine Anzahl Kneipenbesitzer und andere Geschäftsleute von Keetmanshoop, denen diese Bahn die Kundschaft der Frachtfahrer aus dem Bezirk Warmbad entzieht! Im Gegensatz zu Peters finden wir die Anlage des Eisenbahnnetzes der Kolonie ausgezeichnet. Die Otavibahn erschließt den Norden bis nahe an die Grenze des Ambolandes und wird bald eine Zweigbahn dorthin aussenden; die Linie nach Windhuk erschließt das beste Viehzucht- und Ackerbaugebiet, das Damaraland, die Nordsüd­bahn WindhukKeetmanshoop das große südliche Abwässerungssystem des Damara- landes, insonderheit den Großen Fischfluß mit seinen zahllosen weitverzweigten Nebenrevieren' die Südbahn führt ins Herz der südlichen Farmbezirke, die durch diese Bahn erst richtig besiedelt werden können. Und wie Peters behaupten kann, daß auf den Anschluß an das britisch-südafrikanische Bahnnetz nicht genügend Rücksicht genommen sei, ist uns unklar. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu sehen, daß ein solcher Anschluß an jeder nur denkbaren Stelle möglich ist wenn man jenseits der Grenze will, was wir bis auf weiteres mit gutem Grund bezweifeln. Jedenfalls ist uns die möglichst umfassende und sachgemäße Erschließung der besten Farm- und Bergbaugebiete unserer Kolonie wichtiger als der noch sehr imaginäre Anschluß an die britischen Nachbarbahnen. Das sind nur ein paar Stichproben aus den Petersschen Ausführungen; aber sie berechtigen doch zu der dringenden Bitte an Peters, im Interesse des Ansehens der Kolonien beim großen Publikum seine Feder doch ein wenig im Zaum zu halten.

Anderseits sagt Peters im zweiten Teil seines Aufsatzes auch manches Wahre, und zwar da, wo er von den Verwaltungsorganen spricht. Die Kolonialverwaltung steht seit einigen Jahren sehr groß da und kann Kritik absolut nicht vertragen. Unsere Kolonialverwaltung ist der Erkenntnis noch sehr fern, daß die Beamten nicht bloß zuregieren", sondern in erster Linie der wirtschaftlichen Entwicklung zu dienen haben. Man ist in der Wilhelmstraße dieser Erkenntnis unter der Leitung eines Kaufmanns leider nicht nähergekommen, im Gegenteil, früher hat noch eher ein gutes Wort eine gute Statt gefunden. Allerdings gab es damals auch