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Reichsspiegel :
(Vom 3. bis 9. Juli)
Seite
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deckung geht mit 59,8 Prozent nicht unwesentlich über das gesetzliche Drittel hinaus und ist um 3^ Prozent größer als im Vorjahr. Man darf, also fest­stellen, daß die Maßregel der Reichsbank tatsachlich von Erfolg begleitet war. Freilich haben sich dabei Nebenwirkungen unerfreulicher Art gezeigt, die kaum den Absichten der Bankverwaltung entsprochen haben dürften. Die abnormen Zinssätze an der Börse waren nicht mit Notwendigkeit durch das Vorgehen der Reichsbank bedingt; sie standen mit der Lage des Geldmarktes im Widerspruch und sind nur durch die Ausbeutung der Situation seitens der großen Geldgeber hervorgerufen worden.

Kann man also mit dem Status der Reichsbank, so wie er sich äußerlich präsentiert, leidlich zufrieden seiu, so gibt eine eingehendere Betrachtung doch Anlaß zu ernsten Bedenken. Wir sehen, daß trotz der Hunderte von Millionen, die dem deutschen Geldmarkt augenblicklich vom Ausland zur Verfügung gestellt sind, die Ansprüche an die Bank gegen das Vorjahr noch gewachsen sind. Man kann sich leicht vorstellen, um wie viel kritischer die Situation sich gestaltet hätte, wenn diese zufällige Unterstützung nicht eingetreten wäre. Es ist daher im Grunde genommen auch kein Anlaß, sich optimistischen Betrachtungen zu überlassen. Kurz­fristige ausländische Guthaben sind eine sehr zweifelhafte Hilfe für den Geld­markt. Die Rückzahlungsverpflichtung kann ihn leicht in eine noch schlimmere Verfassung bringen als zuvor. Und augenblicklich müssen wir sogar mit ziem­licher Bestimmtheit darauf rechnen, daß das französische Geld in kurzem unserem Markt entzogen wird. Schon die Gestaltung der politischen Verhält­nisse zwischen Deutschland und Frankreich macht dies wahrscheinlich; ist doch bereits eine Interpellation in der französischen Kammer angekündigt, welche sich mit dem Kapitalexport nach Deutschland beschäftigt. Man braucht dieses Hinüber­greifen der Politik in rein geschäftliche Verhältnisse im allgemeinen nicht allzu hoch anzuschlagen, um doch der Meinung sein zu können, daß eine Rückwirkung ans die Dispositionen des französischen Kapitals nicht ausbleiben wird. Davon abgesehen wird Paris, das stark an London verschuldet ist und in Gemeinschaft mit Brüssel 200 Millionen für Argentinien aufzubringen hat, schon aus rein geschäftlichen Gründen seine Guthaben in Berlin größtenteils zurückziehen. Wir werden also für den Hcrbsttcrmin, der ohnedies die größten Ansprüche zu bringen pflegt, ohne diese Unterstützung des Auslandes auskommen müssen. Betrachtet man unter diesen: Gesichtspunkt den Status der Reichsbank, so eröffnet er eine recht bedenkliche Perspektive. Es zeigt sich, daß die von Quartal zu Quartal sprunghaft steigende Inanspruchnahme des Instituts im Juniaus­weis nur durch eiue zufällige Konstellation weniger scharf in die Erscheinung getreten ist. Trotz der französischen Millionen hat das erhöhte steuerfreie Quartals­kontingent nicht ausgereicht, die Bank vor einem steuerpflichtigen Umlauf zu schützen; wie hoch wäre er aber ohne jene Hilfe geworden und wie soll er sich im Herbst gestalten? Man darf sich keinem Zweifel darüber hingeben: die Ansprüche an die Reichsbank steigen unablässig, und die Verteuerung der