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Der Kampf der Bildungsideale
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Der Kampf der Bildungsidcalo

von sozial ziemlich günstig stehenden Familien zu dieser Schulgattung müßte aufhören oder jedenfalls die nötige Sichtung und Ausscheidung von Jahr zu Jahr ermöglicht sein. Bei nur halb zureichenden Kräften einen so großen Bruch­teil seiner Zeit und Kraft auf jenes Gebiet zu verwenden, ist verfehlt. Nur wer es zu einem schönen Ergebnis brachte, hat es hier überhaupt zu etwas gebracht. Den bereits auf eine recht bescheidene Höhe herabgesetzten Zielen mit aller Mühe, Not und Nachhilfe nur eben zu geniigen, etwa nur formal und für den Augenblick der Prüfung zu genügen, hat hier keinen rechten Wert, keinen Wert fürs Leben, d. h. für die wirkliche Lebenstüchtigkeit eines solchen Individuums.

Und da doch nun wieder viel die Rede ist vom Übergang des griechischen in ein englisches Gymnasium, so möge man getrost eine große Anzahl der vor­handenen Gymnasien in eine solche Art von Hälbgymnasien verwandeln, die damit dann ungefähr auf das hinauskämen, was unter dem Namen Real-Gymnasium schon seit manchen Jahrzehnten existiert. Nur daß der Name immer mißfiel, als ob dasGymnasium" in Verbindung mitreal" auf eine Art von Fälschung oder Unechtheit hinauskäme, ähnlich wie Neusilber oder gar Talmigold. XVnat's in a namL? lautet zwar der bekannte Ausruf bei Shakespeare. Aber in der wirklichen Menschenwclt liegt an einem Namen sehr viel, oft das ganze Schicksal, weit öfter die ganze Schätzung. Soll aber auf der einen Seite das humanistische Gymnasium sich wieder in seiner Eigenart verdichten (wobei in den die alten Sprachen umgebenden Fächern eine gewisse Wahlfreiheit herrschen und nicht weniges wesentlich dein Selbststudium überlassen werden sollte), so darf auch die Organisation der anderen Schularten keineswegs als endgültig betrachtet werden. Nicht bloß daß auch bei ihnen eine Unterscheidung zwischen Kernunterricht" (um diesen schweizerischen Ausdruck zu gebrauchen) und wahl­freiem doch noch durchgeführt werden, daß das Gewicht der Fächer sich be­stimmter verteilen lassen, ein bestimmteres Zentralgebiet für jede Schule gefunden werden muß und die Bildungswerte namentlich gewisser Fächer wirklich und sorgfältigst ausgeschöpft werden müssen; sondern an diesen Schulen gerade müssen auch die neueren psychologisch-pädagogischen Anregungen weitere Wirkung tun, so daß möglichst überall Bethätigung der Schüler den Allsgangspunkt bildet, daß durch Aktivität die Selbstentfaltung der Kräfte ermöglicht wird, daß jedes erreichte Maß persönlichen Könnens als solches geschätzt wird, wobei denn immerhin auch die Anzeichen künstlerischer Begabung (erfreuliche Leistungen im Zeichnen oder Singen, auch im Sprachvortrag usw.) ihre Würdigung finden können, im ganzen aber ein recht vielseitig freies und anregendes Schulleben vielerlei Kräften Gelegenheit zur Bewährung geben sollte. Daß in der letzterwähnten Hinsicht gute englische oder amerikanische Schulen Nachahmung verdienen, muß ausdrücklich ausgesprochen werden, da man in Deutschland gern sich in das Bewußtsein pädagogischer Unübertrefflichkeit einknüpft, wenn man nicht statt dessen, verstimmt und gereizt, alles Heimische anficht oder anzweifelt. (Nicht