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Reichssxiegel
wortet worden, während sich die Sozialpolitiker die Köpfe darüber zerbrechen, durch welche Maßregeln den schreienden Mißständen im Berliner Wohnungswesen zu begegnen sei. Für die beteiligten Banken wird es ein fettes Geschäft. 25 Prozent Agio werden sofort für die emittierten Aktien verlangt. Die Banken aber werden auch künftig das Heft in Händen behalten. Die Aktien Litera L, welche nur mit einen: Viertel einbezahlt sind, bleiben in ihren: Besitz. Diese sind vor den an das Publikum abgeschobenen bevorzugt und gewähren dem Konsortium, da sie volles Stimmrecht besitzen, eine unumstößliche Majorität, wenn auch einem Verlangen der Zulassungsstelle entsprechend das Stimmrecht für die Hälfte einstweilen ruhen soll. Das verlangte Agio zeigt deutlich, was man von den Gewinnerträgnissen der Gesellschaft erhofft. Der Name des Herrn Haberland, Schöneberger Angedenkens, ist ja ein Programm. Die 100 Prozent Dividende, welche er bei der Berlinischen Bodengesellschaft für die Dresdner Bank herauszuwirtschaften versteht, wird er wohl auch dem neuen Konsortium in Aussicht stellen können. Die Bodenspekulation verteuert aber beileibe nicht den Grund und Boden, die Nachfrage tut es, und das Großkapital und Herr Haberland vollbringen ein sozialpolitisch bedeutsames Werk, wenn sie diesen Stadtteil „der Bebauung erschließen".
Der Vertrag zwischen der Stadtgemeinde Berlin und der Großen Berliner Straßenbahn ist nun endlich perfekt geworden. Die Einigung hat sich nach jahrelangem Hader und Streit unter dem Druck des Zweckverbandsgesetzes im Handumdrehen vollzogen. Das von Berlin so lebhaft angefeindete (in einigen Puukten wohl auch nicht mit Unrecht abfällig kritisierte) Gesetz hat also scholl vor seiner Publikation ein Gutes bewirkt. Denn das Abkommen ist zu loben, vom Standpunkte der Stadt nicht minder wie von dem der Aktionäre. Die Stadt muß ja freilich im Erwerbs- salle einen Preis anlegen, der beträchtlich höher ist als der, den sie noch vor Jahresfrist bewilligen wollte. Damals sollten die Aktien mit etwa 160 Prozent abgegolten werden, jetzt wird sie zwischen 200 und 250 Prozent anlegen müssen. Aber sie bekommt ein Schmerzensgeld im voraus in Gestalt von 23 Millionen Entschädigung für die Preisgabe des Heimfallsrechts auf den Bahnkörper und die Verlängerung der Konzession. Die Aktionäre werden in Zukunft wohl mit steigenden Dividenden rechnen können. Denn die neuen Lasten, welche die Gesellschaft auf sich nimmt, werden durch Verminderung der Amortisationsbeträge, die steigenden Einnahmen aus dem wachsenden Verkehr, den neu zu bauenden Linien und den vorbehaltenen Tariferhöhungen ausgeglicheil werden. Auf der anderen Seite wird sich der Kurs nicht mehr wesentlich über seine gegenwärtige Höhe von etwa 200 Prozent erhöhen können. Die Zeiten, in denen er einmal den stolzen Stand von 475 Prozent einnahm, gehören endgültig der Vergangenheit an. Die Straßenbahnaktie wird in Zukunft ein stabiles, sicheres Anlagepapier mit einem freilich nicht sehr hohen Zinserträgnis (zurzeit 8^/-> Prozent bei einem Kurs von annähernd 200) darstellen.