Das Zentrum in Glsaß-Lothringen
von m. Zvintcrberg-Straßburg i. Llsaß
lie unerwartete Wendung, die die Verhandlungen über die elsaßlothringische Verfassungsresoriu infolge der Beschlüsse der Verfassungskommission und der Nachgiebigkeit der verbündeten Negierungen genommen haben, hat ivieder einmal die Aufmerksamkeit auf die Partei gelenkt, die schon so oft in wichtigen Fragen der Reichsgesetzgebung den Ausschlag gegeben und jetzt auch in der parlamentarischen Behandlung der Verfassungsfrage die Führung übernommen hat — auf das Zentrum. In seiner Hand liegt jetzt die Entscheidung, ob Elsaß-Lothringen noch in dieser Reichstagssession eine Verfassungs- und Wahlrechtsreform erhalten oder ob diese auf unbestimmte, aber voraussichtlich recht lange Zeit vertagt werden soll. Denn die andere Möglichkeit, daß die Verfassungsänderung mit Hilfe der Mehrheit des alten Bülowblockes zustande kommt, ist bei der augenblicklich unter den bürgerlichen Parteien herrschenden Spannung und bei der großen Verschiedenheit zwischen dem, was die Konservativen, und dem, was die Nationalliberalen und die Fortschrittliche Volkspartei Elsaß-Lothringen geben wollen, wohl ausgeschlossen.
Für die Haltung der Zentrumsfraktion wird aber in hohen, Maße die Rücksicht entscheidend sein, die sie aus ihre elsaß-lothringischen Fraktionsgenofsen und die reichsländische Parteiorganisation nehmen muß, und das um so mehr, als die Reichstagswahlen vor der Tür stehen und die Haltung sämtlicher Parteien in der Verfafsungsfrage mehr oder weniger von wähl- und parteitaktischen Erwägungen beeinflußt wird.
Das Verhältnis des altdeutschen Zentrunis zum reichsländischen Zentrum ist nun aber keineswegs so klar, wie es nach der gleichen Parteibezeichnung scheinen könnte. Schon die erste Lesung der Verfafsungsvorlage im Reichstage Grenzboten II 1911 ^