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Ignis ardens
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Albrecht Dürers Jugend

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grauen, ein Horn als Nase und einen roten Bart. Praeclarus richtete sich von seinen, Lager auf, blickte ihm fest in die schreckliche Fratze und verfaßte die ersten Zeilen eines Gedichts, in dem er den Teufel, der ja auch im Plane der Schöpfung liege, der Gnade Gottes empfahl.

Da heulte Satan auf wie ein Hund, sprengte den Steinboden des Gemachs und sauste hinab in die tiefste Hölle. Fortan ließ er seine Hand von dem Manne, der ihm geistig überlegen war.

Dieser blühte noch lange als eine der größten Zierden der Welt und der Kirche, und als er starb, schritt er durch die lichtreichen Reihen palmenschwingender Seligen dem Throne zu.

Albrecht Dürers Jugend

von Geh. Rat Prof. Dr. Karl Woermann-Dresden

!ie markige Künstlergestalt Albrecht Dürers (1471 bis 1528), des ernsten deutschen Meisters, der schon im sechzehnten Jahrhundert in Deutschland und im Ausland als einer der Größten der Großen gefeiert wurde, erhebt sich gleich an der Schwelle des neuen Zeit- I alters. Als Nürnberger oder als Deutschen bezeichnete er selbst sich mit Stolz auf einigen seiner besten Schöpfungen; und ein wahrheitsliebender, tiefempfindender, aber auch ein herber, grübelnder Deutscher ist er trotz der starken Eindrücke, die er von italienischen Kunstwerken empfangen, sein Leben lang geblieben. Seine ganze künstlerische Laufbahn war ein Werden und Wachsen, ein Ringen mit sich selbst, mit der Natur und mit der Schönheit, die er, nachdem ihm seine ersten Modellstudien und seine Nachzeichnungen des Nackten italienischer Stiche nicht genügt, durch Messungen und Proportionsstudien zu erringen hoffte. Seine eigenen Schriften, von denen z. B. dieUnterweisung der Messung" schon zu seinen Leb­zeiten, dieVier Bücher von menschlicher Proportion", die in viele Sprachen übersetzt worden, gleich nach seinem Tode gedruckt erschienen, sind zuletzt von Lange und Fuhse herausgegeben-, alle Schriften über Dürer aber hat Singer 1908 zusammengestellt. Den Dürerbüchern von Thansing, Springer und Zucker hat sich Wölfflins geistvolles Buch gesellt. Um Dürers Zeichnungen haben Ephrussy und Lippmann unvergeßliche Verdienste. Im übrigen haben sich an der neueren Dürerforschung nach Wickhoff, Thode und Lange z. B. Haendcke, Ludwig Justi, Lorenz, Scherer, Suida, Warburg, Paul Weber, Weisbach und Winterberg beteiligt.

Dürers Öl- und Temperagemölde sind, abgesehen von dem Herkules des Germanischen Museums und der Lucrezia in München, nur Bildnisse oder religiöse Darstellungen. Seine ganze Vielseitigkeit spricht sich in den äußerlich kleinen, innerlich großen Blättern seiner Griffelkunst aus. Dort wie hier aber blieb er in allen Stilwandlungen er selbst. Das wuchtige Leben, das er jedem Strich, den er zeichnete, verlieh, keimt schon in dem Silberstift-Selbstbildnis" (1484) des Dreizehnjährigen in der Albertina zu Wien und erfüllt noch die Federzeichnung der Verkündigung (1526) des Scchsundfünzigjährigen in Chantilly. In seinen