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Emile Verhaeren
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Lmile verlieren

Und nichts, selbst nicht des flüchtigsten Argwohns Grauen,

Trübte, auch nur einen Augenblick,

Das heilige Vertrauen,

Das in uns schläft wie ein träumendes Kind,

Aus denStunden des Nachmittags", Die süße Stunde, wenn die Lampe scheint, Wenn Trost und Abendruhe freundlich winken; So tief die Stille, daß man einer Feder Sinken Zu hören ineint,

O wie die süße Stunde schweigtl Die Liebste naht sich wie ein Hauch, Ganz leis und heimlich, wie ein Rauch, Der langsam in den Abend steigt.

Roch spricht sie nicht noch darf ich lauschen

Auf ihrer Seele Melodie;

Ich fühle sie erglühn und rauschen,

Und auf die Augen küff ich sie.

Die süße Stunde, wenn die Lampe scheint, Wenn tief

Aus Herzensgrunde, wo es leuchtend schlief, Sich das Geständnis drängt, das selig macht: Wir liebten uns, so lang' der Tag gelacht.

Und man spricht von den schlichtesten Dingen: Von Früchten, die reif zum Pflücken hingen, Von der Blume, die sich erschloß Zwischen der Decke von grünem Moos; Wie die Erinn'rung jäh und schreckhaft war An Liebesworte, die schon längst vorblaßten, Und die man tief in einem alten Kasten Auf einein Blatte fand aus frühem Jahr,

Kurz sei noch auf Verhaerens übrigen Werke eingegangen. Wir verdanken ihm außer einer wertvollen, von tiefstem Verständnis zeugenden Studie über Rembrandt noch vier Dramen. Sie haben nichts von äußeren Geschehnissen, von Lärm und Massenwirkung, und daher wird es wohl zu begründen sein, daß die moderne Bühne sie nicht anerkennen will.I^e Lloitrs" ist das Gegenstück zuI^ss ^oins8". Es zeigt, daß allein das Geständnis von der Missetat zu erlösen vermag. Die Form ist wundervoll. Prosa, die sich an den wichtigen, pathetischen Stellen zum Vers und in höchster Erregung zum freien Rhythmus erhebt. Dieses Drama reißt mit sich fort durch seine glühende Rhetorik, und darin scheint mir seine tiefinnere Wirkung zu beruhen; es zeigt, daß seelische Evolutionen mehr ergreifen als alles Toben und Waffenrasseln auf der Bühne.I^es ^ubes" ist die dramatische Illustration zu denVilles l'entAeuIaireZ" und stellt den sozialen Kampf in den Mittelpunkt. Ich halte es mitPKilipp II", in welchem uns ein geschichtlich wahrer Don Carlos, im Gegensatz zu Schiller, gezeigt wird, für die verhältnismäßig schwächeren Leistungen. Dagegen istttelena äe Sparte" meisterlich in Konzeption und