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Gedanke» zum neuen Heeresetat
die Stärke des Heeres nur für einen kürzeren Zeitraum festzulegen. Viele gingen so weit, daß sie eine Regelung von Jahr zu Jahr als zweckmäßig hinstellten. Es muß allerdings zugegeben werden, daß es schwierig ist, die Verhältnisse auf eine lange Reihe von Jahren im voraus mit Sicherheit zu übersehen und genaue Angaben zu machen, welche neuen Einrichtungen im Laufe dieser Zeit zu treffen sein werden. Es ist auch bisher nicht möglich gewesen, sich immer innerhalb des vereinbarten Rahmens zu halten. Neue Erfindungen, eine ungeahnte Entwicklung der Technik, die aus ausländischen Kriegen abgeleiteten Erfahrungen haben häufig alle vorher getroffenen Abmachungen beiseite geschoben. So hat, um nur einiges anzuführen, die Erfindung des lenkbaren Luftschiffes die Heeresverwaltung geradezu gezwungen, dieses Kriegsmittel in das Heer einzuführen. Es war aber nicht mit dem Kauf und dem Bau dieser Luftkreuzer allein getan, sondern es bedürfte eines zahlreichen, gut ausgebildeten Personals zur Bedienung dieses neuen Erkundungs- und Nachrichtenmittels. Der Russisch- Japanische Krieg hatte den hohen Wert der Maschinengewehre gezeigt. Hatte man aber früher nur daran gedacht, sie den Kavalleriedivisionen beizugeben, so steht jetzt die Notwendigkeit ihrer Zuteilung an die Infanterie in weiten: Umfange fest. Nicht nur auf einzelnen besonders wichtigen Punkten, bei der Vorhut oder bei der Verteidigung von Stützpunkten und Engpässen sollen sie zweckmäßig Verwendung finden, sondern auch innerhalb der langen Schützenlinien in der rangierten großen Schlacht. Da es inzwischen auch gelungen ist, ein durchaus kriegsbrauchbares Maschinengewehr zu bauen, bei den: die leichte Handhabung und Beweglichkeit mit der Sicherheit des Mechanismus in glücklicher Weise vereinigt wird, zögerten die großen Militärstaaten Europas nicht, die notwendigen Folgerungen aus diesen Tatsachen zu ziehen. Sie alle stellten besondere Maschinengewehr-Abteilungen in großer Zahl auf, die sie den einzelnen Infanterie-Truppenteilen zuwiesen. Deutschland konnte sich, wenn es nicht ins Hintertreffen geraten wollte, diesem Vorgehen nicht entziehen und mußte ebenfalls die Jnfanterie-Maschinengewehr-Kompagnien aufstellen. Dies bedingte die Bildung einer dreizehnten Kompagnie bei einzelnen Jnfanterieregimentern, die im Quinquennat nicht vorgesehen war. In ähnlicher Weise hat die umfangreiche Verwendung der Selbstfahrer für die Beförderung von Personen und Kriegsmaterial aller Art, sowie die Heranziehung der Motorräder die Folge gehabt, daß das Personal der Kraftwagenabtcilung eine bedeutende Verstärkung erfahren mußte. Wenn somit auch die Notwendigkeit entstand, während des geltenden Quinqueunats neue, in? Gesetz nicht vorgesehene Formationen aufzustellen, so fand sich ein Ausweg derart, daß man die Kopfstärke der neuen Formationen auf den Etat der Infanterie in Anrechnung brachte, und beim Reichstag nur die jedesmal erforderlich werdende Neuaufstellung der Chargen und die sonst mit der Errichtung verbundenen Kosten beantragte. Die Friedenspräsenzstärke des Heeres als solche wurde nicht überschritten und hielt sich während des ganzen Zeitraumes auf der gesetzlich festgelegten Höhe.