Maßgebliches und Unmaßgebliches
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an der letzteren. Die Herbeiführung derselben würde allerdings innerlich berechtigt sein, da ja die deutschen Kolonien ihrerseits die Einfuhr aus sämtlichen Staaten gleichmäßig untereinander und sogar mit der Einfuhr aus dem deutschen Mutterlande behandeln. Vom Standpunkte jedes einzelnen Schutzgebietes gelten sowohl das Deutsche Reich als auch alle anderen Schutzgebiete als Zollausland. Jede Kolonie bildet ein einziges Zollgebiet und erhebt die Zölle gleichmäßig von aller Einfuhr, mag dieselbe nun aus Deutschland, aus einem anderen Schutzgebiete oder aus dem Auslande kommen. Ein solches System bietet also teuren Vorwand dafür, daß fremde Kolonien die Erzeugnisse ihres Mutterlaudes differentiell günstiger behandeln als die deutschen. ^ ^ ^ ^ „ ^ . ^
Der Vollständigkeit halber sei auch die besondere zollpolitische Stellung des Kiautschougebietes erwähnt. Kiautschou war bis zum 1. Januar 1906 em remes Freihafengebiet. Doch war gastweise im deutschen Hafen em clnnestfches See- zollamt zur Verzollung des von und nach dem chinesischen Hinterlande gehenden Durchgangsverkehrs zugelassen. Seit jenem Zeitpunkte ist Kiautschou ,edoch an das chinesische Zollgeb et angegliedert, und zwar lediglich aus zolltechnischen Gründen. Nunmehr zahlen ° so alle von der Seeseite m Tstngtau eingehenden Waren, und zw r ohne Unterschied, ob sie für Kiautschou oder Ehma estunm Wd. den chinesischeii Eingangszoll. Der Verkehr zwischen der Kolome und d n Hinterlande ist dagegen jetzt zollfrei. Von der Gesamtsumme des erhobenen E,n- suhrzolles er ält das deutsche Gouvernement 20 Prozent. Die Dmchfuhnmg dieser Maßnahme hat insofern seine Berechtigung, als etwa vier Fünftel des
Gesamtverkehrs Durchgangshandel ist. . ^ ^ ,^ ^ ......^
Wenn in letzter Zeit die Bestrebungen zwecks Herbeiführung emes engeren handelspolitischen Verhältnisses zwischen dem Deutschen Reiche und semm Schutzgebieten wieder stärker in Fluß gekommen sind, dann liegt der hauptsachlichste Grund hierfür in der Erkenntnis von der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung unserer Kolonien. Überseeische Besitzungen, in denen schon 190« 300 Millionen Mark werbende deutsche Kapitalien angelegt waren und deren Eingeborenenkultureu auf 616Millionen geschätzt werden, in denen also ein werbendes Kapital von insgesamt einer Milliarde arbeitet, haben naturgemäß Anspruch auf genaue Au merksamkeit ihrer Wirtschaftsverhältnisse. Überdies hat das Deutsche Reich seit 1884 emschl.eßlich des Kaufpreises für die Karolinen und Marianen insgesamt 861.3 Millionen Mark für die Kolonien bar hergegeben. Das ist etwa V« Prozent des auf 350 Milliarden veranschlagten Nationalvermögens. Von dieser Smnme entfallen allein auf Südwestafrika 574.8 Millionen, wo die Anfstandsbewn^fung 334 Millionen kostete. Die Einnahmen unserer Schutzgebiete sind von 6.72 Millionen Mark im Jahre 1900 auf 34 Millionen 1909 gestiegen, so daß rm vorjährigen Haushaltsplan für die Kolonien 53 Prozent der Ausgaben bereits durch eigene Einnahmen gedeckt waren. Von den Einnahmen wiederum entfielen (ohne Kiautschou) 12.435 Millionen Mark, also mehr als ein Drittel, auf d'e Zolle.
Eine genane Darlegung der Entwicklung des Außenhandels unserer Schutzgebiete kann nicht Aufgabe unserer heutigen Betrachtung sem. Em allgemeines Bild hierüber gibt folgende Zusammenstellung: ^ Gesamthandel (in 1000 Mark) der Schutzgebiete.
„ l- in Afrika . U- in der Südsee UI- in Kiautschou
Zusammen!
1902
55 366 9 656 34 554
99 576
1903
1904
56 541 10 830 49 723
117 094
61 494 9 719
64 853
136 066
1905^
85 852 13 256 93 893
193 001
1906 1907
139 040 14 022 116 599
269 661
116 122 13 786 87 977
217 885