Hanotaux, Geschichte des zeitgenössischen Frankreich
Gelöbnis der Treue und des Gehorsams gegen alle Teile des Reichs. An der Vertragsbestimmung über die vorzugsweise Berücksichtigung der Landesangehörigen und die Besetzung der Vorsteherstellen braucht dabei, wie die früheren Beispiele Zeigen, nicht gerüttelt zu werden, um so weniger als die Postverwaltnng allgemein den Grundsatz aufgestellt hat, das; jede Oberpostdirektion den Bedarf an mittleren und an Unterbeamten möglichst vollständig aus dem eigenen Bezirk decken soll, und als sie ferner die Wünsche des gesamten Personals wegen Beschäftigung in der Heimat erfüllt, soweit dies irgend möglich ist.
Vor allem wäre es an Preußen, auf die Anstellung von Beamten in den außerpreußischeu Staaten zu verzichten, wie es Sachsen bereits 1830 hinsichtlich der Postbeamten in Altenburg getan hat; für sein eigenes Staatsgebiet könnte Preußen diesen Verzicht um so eher aussprechen, als es sich um die Anstellung der Post- und Telegraphenbeamten seit 1868 ohnehin nicht mehr kümmert, sondern sie durch das Reichspostamt und die Oberpostdirektionen ausführen läßt. Der Anregung und dem Beispiel Preußens würden die übrigen Staaten sicher über kurz oder lang nachfolgen. Sie würden damit ein Überbleibsel aus dem Zusammenbruch des Deutschen Bundes der verdienten Vergessenheit überliefern; sie würden den Neichsgedanken auch auf diesem Gebiet des Staatsund Verwaltuugsrechts fördern helfen und am Ende auch in etwas zur Erreichung eines Zieles beitragen, das während des letzten Jahres mit viel Eifer, aber bisher wenig Erfolg angestrebt worden ist: zur Vereinfachung der Verwaltung.
Hanotaux, Geschichte des zeitgenössischen Frankreich )
as Geschichtswerk des französischen Ministers des Auswärtigen im Ministerium Möline über Frankreich seit den: Zusammenbruch des zweiten Kaiserreichs hat auch in Deutschland Beachtung gefunden. Mit Recht. Es hat auch verdient, ins Deutsche übersetzt zu werden. Der dritte Band, der mit dem Tode Gcnnbettas am Silvesterabend 1882 endet, ist soeben deutsch erschienen. Damit ist eine Zwölfjährige Epoche dargestellt: die Zeit, in der die Überbleibsel des alten monarchischen und klerikalen Frankreich noch mit der emporsteigenden Republik rangen und zuletzt endgültig geschlagen wurden. Man kann Gambetta sicherlich nicht in dem Sinne den Schöpfer der französischen Republik nennen wie Bismarck den des Deutschen Reiches; in dem Sinne, als ob sie nicht auch ohne ihn entstanden wäre. Gewiß wäre keinerlei andere Möglichkeit vorhanden gewesen,
*) Berlin, G. Grotosche Buchhandlung. Grenzboten III 1910
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