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Ist die Anstellung von Reichspost- und -telegraphenbeamten durch einige Bundesstaaten noch zeitgemäß?
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Ist die Anstellung von Reichspostbcamten noch zeitgemäß?

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Regierungen, wie bereits erwähnt, zugunsten des Bundespräsidiums auf ihr Austellungsrecht verzichtet haben.

Diese Verträge sind von Bundes oder Reichs wegen nicht veröffentlicht worden und deshalb schwer zugänglich. Laband hat sie sich für seinStaats­recht des Deutschen Reichs" von einem früheren Mitglied der Zentralpostbehörde mitteilen lassen, einige sind auszugsweise im Jahrgang 1905 derBlätter für Post und Telegraphie" wiedergegeben. Die Verträge legen der PostVerwaltung die Verpflichtung auf, bei der Wahl der in den einzelnen Bundesstaaten an­zustellenden Beamten vorzugsweise auf deren Staatsangehörige Rücksicht zu nehmen, soweit dies mit den Interessen des Dienstes vereinbar erscheint; ferner sollen bei der Ernennung der Postamtsvorsteher etwaige Wünsche der Regierungen tunlichst Berücksichtigung finden. In: übrigen äußert sich das Anstellungsrecht der Landesregierungen lediglich formell in folgenden zwei Punkten. Die Beamten werden im Namen des Landesherren der anstellungsberechtigten Staaten ernannt und auf sie iu der für die Staatsbeamten vorgeschriebenen Form vereidigt mit der gemäß Artikel 50 der Reichsverfassung in den Diensteid aufzunehmenden Verpflichtung, den kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten. Zweitens werden diese Beamten als Königlich Preußische, Großherzoglich Badische, Herzoglich Braun­schweigische usw. bezeichnet, im Gegensatz zu den auf den Kaiser vereidigten und in seinem Namen angestellten Beamten, denen nach der Allerhöchsten Ver­ordnung vom 3. August 1871 (R.G.Bl. 318) die BezeichnungKaiserlich" zusteht. Damit sind die Wirkungen des Anstellungsrechts erschöpft.

In der Praxis gestaltet sich die Sache so, daß alle Befugnisse, welche der preußischen Regierung zustehen, auf Grund eines Allerhöchsten Erlasses seit Ende 1867 durch Reichsbehörden, nämlich das Neichspostamt und die Oberpost- direktionen, ausgeübt werden, indem diese das Personal im Namen des Königs von Preußen anstellen. Die übrigen fünf Buudesstaaten mit Anstellungsrecht haben dessen Ausführung zum Teil den Oberpostdirektionen überlassen, welche das Personal im Namen des Landesherrn ernennen: alle Staaten bezüglich der Beamten in: Vorbereitungsdienst, Baden und Mecklenburg für alle Beamten vom Postassistenten an abwärts und für die Unterbeamten, Sachsen hinsichtlich der Unterbeamten allein; die Anstellung der hier nicht aufgeführten Beamten geschieht entweder durch den Landesherrn selbst oder für ihn durch das Ministerium, nachdem die Verhandlungen zwischen den Landesbehörden und den zuständigen Neichspostbehörden abgeschlossen sind.

So kommt es denn, daß noch heute, nachdem rund vier Jahrzehnte seit der Gründung der Buudes- und Reichspost verflossen sind, der Vorsteher und die Beamten des Kaiserlich Deutschen Postamts in der Hauptstadt des Groß­herzogtums Hessen Königlich Preußische Beamte sind; daß im Königreich Sachsen Königlich Sächsische Post- und Königlich Preußische Telegraphenbeamte neben­einander, vielfach im selben Hause und bei demselben Verkehrsamt, den kaiser­lichen Dienst versehen; daß es im Bezirk der Oberpostdirektion Leipzig, zu dem