Lcwour
251
Abbö Frözet am 14. Januar 1836, „um so mehr überzeuge ich mich, daß das „juste milisu" dasjenige politische System ist, welches den Umständen am besten entspricht und am geeignetsten ist, die Gesellschaft von den beiden sie bedrohenden Übertreibungen, von der Anarchie und dem Despotismus, zu befreien. Ich verstehe unter „justs milisu" ... die Politik, welche darin besteht, der Notwendigkeit der Zeiten all das zuzugestehen, was die Vernunft als gerecht erweisen kann, uud das abzulehnen, was keine andere Grundlage hat als den Lärm der Parteien oder die Heftigkeit der anarchischen Leidenschaften." Ähnliche Worte hat er fünfzehn Jahre später in seinem ministeriellen Programm ausgesprochen. In Sachen der individuellen und sozialen Erziehung hielt er sich an I. I. Rousseaus Grundsätze und betonte, daß sich keine große Erneuerung und kein beständiger Fortschritt vollziehen könnte, ohne daß sich die moralischen und intellektuellen Kräfte, gehärtet und geleitet durch die Erfahrung und das induktive Verfahren, nach hohen sittlichen Grundsätzen entfalteten. Auch einen weisen, vielleicht nicht durchaus seinen eigenen psychologischen Beobachtungen entstammenden, wohl aber seinem geistigen und sittlichen Charakter vorzüglich entsprechenden Satz über das Verhältnis von Denken und Handeln findet man schon in seinem Tagebuch aus jungen Jahren: „das Denken muß ein Gegengewicht haben im Handeln, und das Handeln im Denken; das Handeln verhindert, daß das Denken sich selbst überlassen irrt, und das Denken erlaubt nicht, daß das Handeln allein mechanisch und empirisch abläuft." Hierzu kam ein fester Mut der Überzeugung und der Tat und ein alle Opportunisten überwindendes stetes Streben zu dem Ideal, der Freiheit und Größe des Vaterlandes.
Allerdings bedürfte er eines großen Maßes von Geduld und Selbstbescheidung, ehe er in die Lage kam, von seinen guten Eigenschaften und Vorsätzen einen staatsmännischen Gebrauch zu machen. Denn noch als reifer, seiner Würde und seines Wertes bewußter Mann lebte er zurückgezogen auf dem väterlichen Gute Leri bei Vercelli, dessen Bewirtschaftung er sich seit 1835 ernstlich und unter ausschließlich eigener Verantwortung angelegen sein ließ, um nicht in abstrakten Erwägungen aufzugehen. In den Jahren 1837 bis 183!) befaßte er sich mit der Begründung von Asylen und Schulen für Kinder in Turin. Im Jahre 1840, uach der Rückkehr aus Frankreich und der Schweiz, nahm er an industriellen Unternehmungen, an: Bau von Straßen. Kanälen usw. teil. In den Jahren 1841 bis 1843 widmete er sich wiederum in der Schweiz, in Frankreich und in England, wo es ihm hauptsächlich auf die politischen uud kommerziellen Probleme ankam, vielseitigen Studien. An der Gründung einer über ganz Piemont systematisch verbreiteten „Associazione agraria" im Jahre 1842 uahm er besonderen Anteil und trug nicht wenig dazu bei, daß sie über "grar-technische und -wirtschaftliche Interessen hinausging und ein Zentrum "uch politischer Betütigung wurde. Hiermit war ein erheblicher Fortschritt in den öffentlich-rechtlichen Verhältnissen verwirklicht, obwohl die Staatsregierung