Beitrag 
Peter Behrens und die A. E. G. : ein Beitrag zur Kunst der Industrie
Seite
26
Einzelbild herunterladen
 

26

Pctcr Bchrcns nnd die A, <L, G.

Industrie noch nicht sehr stark beeinflußt; sie ist wohl bereit, die Erfindergabe des Künstlers auszunützen und seine Fähigkeit, ihr neue Formen uud Ornamente zu schaffen, aber sie wehrt sich noch dagegen, seine Moral und seine Sorge für gute Ausführung und fiir die Anwendung von tadellosein Material anzunehmen. Ein solches Resultat muß negativ sein und unbedingt zu der Schlußfolgerung führen, daß das Eingreifen der Künstler gar nichts vermocht hat; weder wurde dadurch das Schicksal der neuen Formen und Ornamente gesichert, noch half es dem Industriellen gegen die ausländische Konkurrenz."

Es fehlte innerhalb der Industrie nicht an Stimmen, die von der Beteiligung der Künstler an industriellen Erzeugnissen überhaupt nichts hielten. Wozu das alles? fragten sie. Wenn wir unsere gediegenen technischen Erfahrungen in ein gutes Material verarbeiten, so muß auch ohne besondere künstlerische Prinzipien etwas entstehen, was sich sehen lassen kann. Die zweifellose Wahrheit, die in dieser Erwägung liegt, und die sich besonders an den vortrefflichen Erzeugnissen der deutschen Maschinenindustrie erprobt hat, wird nicht umgestoßen, wenn wir sagen: eine Maschine, die richtig konstruiert, ohne Materialverschwendung zweckvoll gearbeitet und überdies noch schön gestaltet ist, wird notwendig wertvoller erscheinen als eine andere Maschine, der diese schöne Gestaltung abgeht. Es gibt immerhin auch unter den scheinbar so reinen Nützlichkeitsprodukten, als die die Maschinen gelten, solche, bei denen die Gestalt ihr Wort mitspricht und die wirtschaftliche Bewertung des Erzeugnisses mitbestimmt. Oder allgemeiner gesagt: auch auf dem unübersehbaren Felde der industriellen Massenproduktion ist das Bestreben nach Form und Farbe, den Urelementen der bildenden Künste, allgemein und kann zu besseren oder schlechteren Ergebnissen führen.

Man darf freilich der Industrie keinen Vorwurf aus ihrer Unterschätzung der ästhetisch bildenden Faktoren machen waren doch zu Beginn der allgemeinen Geschmacksreform die rationalistischen Wortführer diejenigen, die an? glaubhaftesten das nüchterne Evangelium der reinen Zweckform predigten. Eine Sachlichkeit wurde verlangt, die auf all und jede Beteiligung der schöpferischen Formen­phantasie verzichten zu können glaubte. Kunst ist, was zweckmäßig und material­gerecht ist und jede Zutat vermeidet, die nur dekorativ, nicht durch den praktischen Gebrauch des Dinges gerechtfertigt ist. Wären wir auf diesem Wege weiter gegangen, so hätten wir unfehlbar beim Normalhanse für den Normalmenschen, bei der Normalkaffeetasse, dem typischen Besteck, dem einzig zweckgercchten Tischtuch, dem Normalsessel und den verschiedenen genau bestimmten Typen des proletarischen, des bürgerlichen uud des feudalen Sofas anlangen müssen. Wir wären mit dieser nüchternen Ökonomie unserer Gebrauchsdinge geschmacklich ans einem ähnlich toten Punkte angelangt, auf dem die erste deutsche Gewerbe- ausstellung zu Berlin im Jahre 1844 zu stehen schien. Dort erhielt der ver­goldete Armlehnstuhl mit Musik eines königlichen Hoftapeziers die , goldene Medaille, und die Jury urteilte über die Rarität merkwürdig genug:Diese Arbeiten waren unstreitig die vorzüglichsten ihrer Art. . . das einzige, was als