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Schloß Stolpen und die Reichsgräfin von Cosel. I.
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Schloß Stolpon und die Rcichsgräfin von Losel

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Juli erschienen fünf Kroaten, als Deutsche verkleidet, am Niedertore. Ein alter Stolpener Bürger stand Torwache und ließ die Fremden nicht hinein. Sie gaben vor, sie wollten ihre Pferde beschlagen lassen, da schickte ihnen der Alte den Hufschmied hinaus vors Tor. Wie sie wegritten, rief einer den: vorsichtigen Wächter zu:Vater, wenn wir morgen wiederkommen, werdet ihr uns ja nicht aufhalten." Das war im Ernste gescherzt. Aber vielleicht wäre das Unglück noch nicht so bald geschehen, wenn nicht die Stolpener selbst dem Fasse den Boden ausgestoßen hätten. Noch am gleichen Tage traf ein sächsisches Streif­korps von Dresden her in Stolven ein, das nach der Lausitz zu aufklären uud Stellung und Stärke des Feindes erkunden sollte. Unsere dreißig wehrhaften Männer, der Amtsschreiber an der Spitze, ließen sich's nicht nehmen, den Ritt mitzumachen. Nach Eintritt der Dunkelheit ging's hinaus, um Mitternacht schlugen sie ans Stadttor von Bischofswerda. Die Bischofswerder waren über den nächtlichen Besuch wenig erbaut, ließen aber schließlich auf Zureden des Amtsschreibers den ganzen Reitertrupp hinein und setzten ihnen einen Labetrunk vor. Beim Humpen wurden die nötigen Erkundiguugen eingezogen, und ehe der Morgen graute, ging's zurück nach Stolven. Kaum aber war der Trupp zum Tore hinaus, so zogen auf der andern Seite die Kroaten in Bischofswerda ein. Bald hatten sie erfahren, was geschehen war und daß dreißig Mann von Stolpen dabei gewesen. Nun war das Maß voll.Der schon gemachte Schluß ward Lontirmiret, auf hiesigem 1"Köatrc) sollte eine Tragödie gespielt werden." Inzwischen kamen unsere Stolpeuer nichtsahnend von ihrem harmlosen Abenteuer nach Hause, und bald wußte man in der ganzen Stadt, daß vom Feinde nichts zu hören gewesen sei. Da war die Freude groß. Ein Heller schöner Sommertag brach an, die starken Wachen an den Toren wurden bis auf wenige Mann eingezogen und viel Volk ging sorglos hinaus aufs Feld, wo die Erntearbeit drängte. Da tauchten plötzlich um die Frühstückszeit fremde Reiter auf, erst einzelne, dann kamen sie schon in dicken Haufen, sechshundert Mann stark, aus Lauterbach hervorgequollen und warfen sich auf das schlecht verwahrte Niedertor der Stadt. Im Nu war es aufgehaueu, und niemand widerstand. Alles, was laufen konnte, stürzte Hals über Kopf nach dem Schlosse, die Höfe wimmelten von Männern, Weibern, Kindern und geretteten Pferden und Rindvieh. Aber schon drängten die Feinde nach. Während ein Teil ihrer Horden die wehrlose Stadt rein ausplünderte, drangen die übrigen durch die drei niedern Tore der Festung und bemächtigten sich des Kornbodens, dessen Untergeschoß der kur­fürstliche Marstall und die Folterkammer bildet. Er war durch einen tiefen Graben, über den eine Zugbrücke führte, von dem innern Schlosse getrennt. Jetzt hieß es für die Stolpener, sich ihrer Haut zu wehreu. Jeder mußte zugreifeu, der wackere Pastor Sperliug war einer der ersten. Die anwesenden Beamten, ein Forstbedienter, die Bergleute, die noch beim Brunnenbau beschäftigt waren, alle stellten ihren Mann. Die Stücke und Doppelhaken werden an die Mauerfront zwischen dem Johcmnisturm und der alten Schösserei geschleppt, Grmzvoten III 1910 2