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Maßgebliches und Unmaßgebliches
der Gedichte. Hier zeigt sich der Herausgeber mit Recht besonders vorsichtig und pietätvoll: er hat Gedichte nicht aufgenommen, die Mörike selbst der Veröffentlichung und Erhaltung nicht für wert hielt. Auch sonstige ganz unwesentliche Augenblickslyrila wurden weggelassen. Der dritte Band bringt zwei Dramolette, das Singspiel „Die Regenbrüder". Anhangsweise hat der Herausgeber die „Wispeliaden" beigefügt, die den Mörikefreunden gelten und bis jetzt fast sämtlich unbekannt waren. Dann folgen Märchen und Erzählungen. Den vierten Band beginnt „Das Stuttgarter Hutzelmännlein", es folgen „Mozart auf der Reise nach Prag", Mörikes Selbstbiographie bis zum Jahre 1834 usw. Der fünfte und sechste Band enthalten den „Maler Rotten". Mit besondrer Freude begrüßen wir die beigegebnen Reproduktionen nach fast sämtlichen Bildnissen Mörikes, nach Bildnissen seiner Gattin, seiner Töchter usw. (am Schlich des sechsten Bandes). Die bekannten Zeichnungen Schwinds zu Märchen und Gedichten von Mörike sind dem ersten und vierten Bande angefügt. Hans Benzmann
Hanfstaengls Malerklassiker. Unter diesem Titel gibt der Kunstverlag von Franz Hanfstaengl in München seit 1905 ein nach Galerien geordnetes Abbildungswerk heraus, eine Anordnung, die zweckmäßiger ist als die nach Malern, weil sie ein mannigfaltigeres und schon in wenigen Bänden ein verhältnismäßig vollständigeres Bild gewährt als die andern, deren Bändezahl schon sehr groß sein muß. wenn sie auch nur die bedeutendsten Maler umfassen soll. Außerdem hat das Hanfstaenglsche Werk die Vorzüge eines großen Formats und einer technisch vortrefflichen Ausführung der nach eigens für dieses Unternehmen gemachten photographischen Ausnahmen hergestellten Netzdrncke und, nicht zum wenigsten, einen sehr niedrigen Preis. Jeder Band mit über zweihundert Abbildungen in Großoktav kostet, in Leinen gebunden, zwölf Mark, jedes Bild also etwa fünf Pfennige. Die seilher erschienenen Bände enthielten die Münchner ältere Pinakothek, die Londoner National Gallery, die Galerien im Haag und in Haarlem, die Dresdner Galerie, das Amsterdamer Reichsmuseum und die Kasseler Galerie. Dazu kommt jetzt ein siebenter Band mit den Hauptbildern der Petersburger Eremitage. Diese ungemein wertvolle Sammlung war bisher wenig bekannt. Erst seit einigen Jahren existiert ein guter amtlicher Katalog, der auch einige Abbildungen enthält. Der neue Band der Hansstaenglschen Malerklassiker gibt deren 239. Die Petersburger Sammlung ist zunächst reich an Werken von Rembrandt, Rubens und Murillo. Von andern Künstlern besitzt sie hervorragende Stücke, so von Raffael die Madonna Constabile und die aus dem Hause Alba, von Claude Lorrain die „Tageszeiten", von Nuisdael die Waldlandschaft mit dem Sumpf, von Paul Potter den Wolfshund und den Meierhof, der nach einer ungenierten Kuh seinen anstößigen Namen führt. Endlich findet sich in der Eremitage noch eine große Menge sogenannter interessanter Bilder, das heißt solcher, die verschiednen Urhebern zugeschrieben worden oder die durch ihre Verwandtschaft mit berühmten Werken andrer Sammlungen merkwürdig sind. Dahin gehören beispielsweise die Judith Giorgiones, eine Anbetung der Könige von Sandro Botticelli. eine Kreuzigung von Perugino, Lionardos Madonna Litla oder auch das dem Francesco Melzi zugeschriebne Blumenmädchen. Daß endlich erlesene Stücke aus der französischen Malerei des achtzehnten Jahrhunderts in einer russischen Sammlung nicht fehlen dürfen, ist selbstverständlich. Damit sei der anziehende Band allen Liebhabern von feinerem Geschmack warm empfohlen. Hoffentlich bringt uns der hochverdiente Verlag nun auch bald die Gemälde des Prado.
Für die Herausgabe verantwortlich Karl Weisser in Leipzig und George Cletnow in Berlin- Friedenau. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquarr in Leuizig
Da die Redaktion »am t. Januar 1910 an nach Kerliir librrstedelt, sind auch jetzt alle Zuschriften, die sich auf neue Artikel bezirken, dorthin zu richten, und zwar nach Herlin 8.^. II, Kernburgrr Straße 22 »/ 23. Mx Schristlritung