128
Johannes «Lalvin in seinen Briefen
Vertrauen auf denselben Mittler an, der gleiche Geist der Gotteskindschaft ist uns ein Unterpfand unsers zukünftigen Erbes, durch das gleiche Opfer hat Christus uns alle versöhnt, auf die gleiche Gerechtigkeit, die er uns erworben, verlassen sich unsre Herzen, desselben Hauptes rühmen wir uns. Da wäre es doch wunderlich, wenn Christus, den wir als unsern Frieden preisen, der aller Fehd ein End gemacht, Gott im Himmel uns gnädig gestimmt hat, nicht auch das bewirkte, daß wir auch auf Erden brüderlich Frieden halten" (II, 129). Wer möchte es heute nicht beklagen, daß solche Worte damals in unsrer lutherischen Kirche keinen Widerhall gefunden haben! In späterer Zeit, als die Einigung mit Deutschlaud immer unwahrscheinlicher wurde, sucht Calvin mit der gleichen Entschiedenheit wenigstens die Schweizer Theologen zu herzlicher Einmütigkeit zu führen. Und in den letzten Jahren ist er vor allem bemüht, die sich bildende Hugenottenkirche in Frankreich, der er sich durch seine französische Herkunft ja ganz besonders verpflichtet fühlte, mit allen Kräften zu fördern, sie in lebendigem evangelischem Glauben und in Einheit des Geistes zu erbauen. Die Trost- und Mahnbriefe an die Evangelischen in Frankreich, mit dem heiligen Ernste und der tiefen Liebe des wahren Seelsorgers geschrieben, gehören mit zu dem schönsten, was uns die Sammlung bietet; sie verdienten, jedem evangelischen Christen bekannt zu werden.
Es wäre eine schöne Aufgabe, noch deutlicher das Bild des großen edelu Menschen und wahren Christen Calvin zu zeichnen, wie es in diesen Briefen vor uns steht, das herrliche Verhältnis zu seinen Freunden, das uns an den: leidenschaftlichen, düstern Manne doch auch so viel liebenswürdiges und sogar manchen Zug des Humors offenbart, sein kurzes mit viel Leid heimgesuchtes und doch glückliches Eheleben, und den ganzen Mann selbst voll unerschütterlicher Zuversicht und tiefer Demut vor Gott, unbedingt offen gegen die andern und solche Offenheit auch von ihnen fordernd, stets vornehm in der Gesinnung auch jedem ehrlichen Feinde gegenüber, das erfahrne Unrecht gern vergessend, das erfahrne Gnte in dankbarem Herzen bewahrend, in großartiger Selbstlosigkeit niemals sein Behagen suchend, sondern im Dienste der andern sich verzehrend — doch wir müssen uns im Nahmen dieser Anzeige mit solchen Andeutungen begnügen. Möchten viele selbst zu dem Werke greifen und dieses Bild eines großen und ganzen Mannes daraus vor sich lebendig werden lassen, eines Mannes, der, wie Wernle am Schlüsse seines Geleitwortes sagt, „trotz aller seiner Schwächen und Sünden eine verkörperte Energie des Guten gegen das Böse gewesen ist, in der dogmatischen und kirchlichen Gebundenheit seiner Zeit das Gewissen in Person, und mehr als das, eine wenn auch unvollkommne Offenbarung jenes Guten, das nicht nur Gedanke, sondern die einzige Macht der Wirklichkeit zu seiu verlangt".
Ein Wort nur noch über die Arbeit des Herausgebers. Die Übersetzung der 759 zum Teil sehr umfänglichen Briefe in klares, angenehm zu lesendes Deutsch ist an sich eine solche bewnndernswerte Leistung, daß man sich scheut,