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Literarhistorische Rundschau. 2
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vom thrakischen Meere

Seele:Hier erst wird es möglich, das innerste Wesen der alten Götterlehre und Heldensage zu fassen, denn jene Mythen sind nicht das zufällige Produkt einzelner begabter Köpfe, sondern sie sind unmittelbar aus dem Boden gewachsen und durchaus von dessen Natur bedingt. Die Dichter und Hieratiker haben ihre Gestalten nicht rein erfunden, sondern das, was aus der sie umgebenden Welt sie großartig ansprach und was zugleich schon im Herzen des Volks ahnungsvoll klang, ohne jedoch den rechten Ausdruck gefunden zu haben, das faßten sie in lebendiger Form zusammen, das führten sie aus in ihren blühenden Liedern und drückten ihm weihend den Stempel der Göttlichkeit auf. Aus der Natur des Landes also, aus der die ganze Götterwelt sich hervorbildete, muß sie auch erklärt werden, und ein freier Blick in sie kann unter Umständen ein jahrelanges Studium aufwiegen." Ich empfehle den hoffentlich recht zahlreichen Lesern der Briefe, das schöne Werk hinzuzuziehn, das in seinem zweiten Kapitel Geibels Landsmanu und griechischen Lebeusgenossen Ernst Curtius an denselben Stätten zeigt:Ernst Curtius, ein Lebensbild in Briefen. Herausgegeben von Friedrich Curtius" (Berlin, Julius Springer, 1903).

Endlich sei noch auf die Gesamtausgabe der Werke Ferdinand von Saars verwiesen, die vor kurzem (bei Max Hesse in Leipzig) erschienen ist. Da Ferdinand von Saar diesseits der österreichischen Grenze, man darf wohl sagen, so gut wie unbekannt ist, so würde es nicht recht sein, diese Erscheinung von höchstem Wert so kurz abzutun, um so weniger, da die von Jakob Minor besorgte zwölf­bändige Ausgabe bei ihrem erstaunlich billigen Preise geradezu musterhaft ist und wohl für einen neuern Dichter kein Seitenstück hat. Auch die beigegebne Biographie von der Hand Anton Bettelheims ist ausgezeichnet. So sei denn statt aller Charakteristik, die einen viel breitern Raum beanspruchen dürfte und müßte, hier nur die Tatsache des Erscheinens dieser Bände gebührend hervor­gehoben.

Vom thrakischen Meere

von Carl Fredrich in Posen

5. Thasos

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n der Ebene sind die beiden Perioden der Befestigung der Stadt nicht mehr erkennbar, weil sie dort mehrfach den Feinden geöffnet wurde. Zum erstenmal im Jahre 492 auf Befehl des Darius; er mißtraute der Stadt, die seit kurzem dem Perserreiche angehörte, und wollte ihrer als Station für den Zug gegen Griechenland sicher sein. Die stolzeste Zeit ist damit zu Ende. Voll Staunen erzählte man sich später von dem Mahle, das ein Bürger der Stadt dem ganzen Heere des Xerxes gegeben habe; gegen zwei Millionen Mark habe er dafür aufgewandt. Der