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Fünfundzwanzig Jahre Kolonialpolitik
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Fünfundzwanzig Jahre Uolonialxolitik

Wie haben wir über die Kämpfe in den Kolonien gescholten, namentlich über den Krieg in Südwestafrika! Gewiß an sich waren diese Kämpfe beklagenswert. Aber so ist eben der Welt Lauf, die Umwandlung von Urlündern in Kultur­länder ist nie ganz friedlich abgegangen. Uns haben diese Kämpfe jedenfalls gezeigt, was der Deutsche dranßen zu leisten vermag, und daß der kriegerische Geist der Bäter auch noch in den Söhnen steckt. In diesem Sinne ist der Krieg in Südwest, so traurig er sonst war, für uns ein Glück gewesen. Tausende von jungen Deutschen sind hinausgezogen, haben sich den Seewind um die Nase wehen lassen und gesehen, wie unsre Kolonien in Wirklichkeit sind. Viele sind draußen geblieben und haben Südwest zu ihrer neuen Heimat ge­wählt, die andern haben den Landsleuten daheim die Augeu geöffnet.

Ohne den Krieg Hütte es vielleicht noch einmal ein Jahrzehnt gedauert, bis das deutsche Volk erwacht Ware und den Kolonien auf die Beine geholfen hätte. Wirtschaftlich sind wir jetzt auf dem besten Wege dank zahlreicher Eisenbahnen, die unter dem Einfluß des kolonialen Aufschwungs zu Hause fast in allen Kolonien entstanden sind und noch entstehn werden. Gelegentliche Hemmungen könneil natürlich immer wieder vorkommen, Meinungsverschieden­heiten über wirtschaftliche Methoden entstehn, im großen und ganzen zeigt aber die Entwicklung eine steigende Tendenz. Mißgriffe großen Stils, wie sie zum Beispiel früher die großen Landkonzessionen teilweise darstellten, erscheinen in der Zukunft unwahrscheinlich, dazu sind die Kolonien zu sehr Gemeingut des Volks geworden. Und soweit dies überhaupt möglich ist, werden sie dies auch praktisch werden durch planmäßige Besiedlung der Kolonien mit deutschen Familien.

Mit Stolz und Genugtuung können wir auf die ersten fünfundzwanzig Jahre deutscher Kolonialpolitik zurückblicken. Aber ernste Menschen pflegt eine solche Jubelfeier nicht nur festlich, sondern auch nachdenklich zu stimmen. Wir wollen nicht nur jubeln, daß wir es so herrlich weit gebracht haben, sondern wir wollen auch überlegen, was uns die Erfahrungen dieser fünfundzwanzig Jahre lehren. Mit unsern Eroberungen in wirtschaftlicher Beziehung, wie gesagt, können wir zufrieden sein. Ob aber auch mit unsern moralischen?

Nehmen wir Deutschen in unsern Kolonien bei den Eingebornen die Stellung ein, die erforderlich ist, um eine ungestörte Entwicklung zu gewähr­leisten, werden wir von den Eingebornen als das unbedingt maßgebende Element im politischen und Wirtschaftsleben der Kolonien angesehen? Leider müssen wir dies verneinen. 'Unsre alten Kolonialpioniere haben draußen auf der Grundlage des Herrenstandpunkts den Eingebornen gegenüber gelebt und gearbeitet, und sie haben sich trotz ihrer geringen Zahl im allgemeinen diesen gegenüber besser durchgesetzt, als dies heute zu beobachten ist. Heute ist be­dauerlicherweise zu bemerken, daß der rechte Respekt vor der weißen Rasse im Schwinden begriffen ist. Die Schuld trägt unzweifelhaft die falsche Humanität,