Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Rolosf, in der die Marokkopolitik, die im Laufe des Berichtsjahrs abgeschlossenen Handelsverträge, die Entwicklung der Kolonialgebiete, die Tarifverträge, die Regelung der Schiffahrtsabgaben, die Reichssteuerreform sowie wirtschaftspolitische Maßregeln Preußens und einiger andern Einzelstaaten kurz behandelt werden. Über die Wendnng in der Kolonialpolitik, die Ende 1906 eingetreten ist, wird gesagt: „Im großen Publikum war es oomrauniL oxiräo, daß sich das deutsche Kapital von den Kolonien fernhalte, und daß die wirtschaftlichen Unternehmungen in den Kolonien mit wenigen Ausnahmen durch Reichsmittel betrieben würden; daher rührte die Meinung, daß die Kolonien zum größten Teil wertlos seien, und diese Stimmung wirkte auf den Reichstag zurück. Die Kolontalverwaltung erwarb sich das Verdienst, durch genaue Untersuchung und Darlegung der kolonialen Unternehmungen den Nachweis zu führen, daß das deutsche und das ausländische Privatkapital die deutschen Kolonien keineswegs gescheut habe, daß vielmehr das in den Kolonien investierte Privatkapital die dort angelegten Reichsmittel übertreffe: etwa 70 Millionen Mark fiskalische Mittel uud fast 300 Millionen Mark deutsches Privatkapital stellte eiue Denkschrift des Kolonialamts fest, und dazu kommt noch das ziffermäßig nicht zu berechnende ausländische Kapital." Daß sich auf die reichlichen Auskünste, die die Spezialabhandlungen darbieten, nicht allein der Theoretiker und der Beamte, sondern auch der Gewerbtreibende, der Kaufmann und der Landwirt verlassen kann, dafür bürgen die Namen und die Berufsstellungen der Verfasser. Um nur einige von den'35 anzuführen — es behandeln: die Landwirtschaft Dr. W. von Altrock, Generalsekretär des Kgl. preußischen Landes-Ökonomiekollegiums; den Bergbau Dr. E. Jüngst vom Bergbaulichen Verein in Essen? die Kleineisenindustrie I)r. Ernst Voye, Handelskammersekretär in Hagen i. W.; den Maschinenbau der Ingenieur E. Werner; die Elektrotechnik Professor E. Budde in Berlin; Kraftwagen Ingenieur Dr. Fritz Huth in Berlin; die chemische Industrie vr. Richard Brauer. Geschäftsführer des Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands; Seide Professor Paul Schulze, Konservator der Königlichen Gewebesammlung; Baumwolle Dr. Lochmüller, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Baumwollgarnkon- sumenten; Spielwaren Professor Dr. Anschütz. Syndikus der Handels- und Gewerbekammer in Sonneberg; die Zuckerindustrie Dr. Albert Bartens. Redakteur der »Deutschen Zuckerindustrie" in Berlin; Konfektion Dr. jur. Kurt Weinberg, Redakteur des „Konfektionär"; das Bauwesen vr. Andreas Voigt, Professor an der Handelshochschule in Frankfurt a. M. Auch die Bank-, Kredit- und Gründungsverhältnisse sowie die Organisationen der Unternehmer, der Angestellten und der Arbeiter werden in besondern Artikeln behandelt. Im Vorwort wird bemerkt, daß die Landwirtschaft auf allseitigen Wunsch viel ausführlicher dargestellt worden ist als im ersten Jahrgang, und daß die Automobilindustrie, die Feinmechanik und die Eisenbahnen neu aufgenommen worden sind.
Goethe im Gespräch. Unter diesem Titel haben Franz Deibel und Friedrich Gundelfinger im Insel-Verlag zu Leipzig eine Sammlung von Gesprächen Goethes herausgegeben, die allerdings schon 1906 erschienen ist, die wir aber mit Stillschweigen zu übergehn für eine Unterlassungssünde halten würden. Das Buch beabsichtigt nicht, der bekannten verdienstvollen Publikation Woldemar von Biedermanns Konkurrenz zu machen, es richtet sich schon wegen des wohlfeilen Preises (6 Mark für das geheftete, 8 Mark für das in Leder gebundne Exemplar) an ein viel größeres Publikum, bringt nur Gespräche mit Goethe, nicht Äußerungen über ihn und verzichtet ans alles Anekdotenhafte. Leuten, die Goethe am liebsten im Schlafrock sehn und sich ihm kongenial fühlen, wenn sie von seinen kleinen menschlichen Schwächen hören, kann dieses Buch deshalb nicht empfohlen werden.