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Amerika und die Dauerhaftigkeit seine politischen Verhältnisse. 1
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Amerika und die Dauerhaftigkeit seiner politischen Verhältnisse 211

entsteht. Doch das liegt jenseits einer vernünftigen Erörterung. Zurzeit ist das Negertum politisch und wirtschaftlich machtlos.

Im ganzen Gebiet der Vereinigten Staaten ist die Bevölkerungsdichtigkeit noch gering. Sie betrügt selbst in den eigentlichen Staaten, also unter Ausschluß der Territorien Neu-Mexiko, Arizona, Oklahoma und Alaska nur 7,4 auf den Quadratkilometer, gegen 112,1 in Deutschland und 137,1 im britischen Königreich in Europa. Nur zwei kleine Nordoststaaten, Massachusetts und Rhode-Jsland, sind dichter bevölkert als Deutschland. Selbst Newyork hat nur 55, Pennsylvanien nur 54, Kalifornien hat nur 4. Da die Vermehrungs- auote der eignen amerikanischen Bevölkerung gering ist, so können noch un­gezählte Scharen Europäer einwandern, ehe eine Dichtigkeit annähernd wie in Europa erreicht wird. Ob das aber immer geduldet werden wird, ist die Frage. Bei jeder rückgängigen wirtschaftlichen Konjunktur ertönt ein lautes Geschrei der Prohibitionisten.

Trotz allcdem ist der Imperialismus, dieExpansion" ein wirkungsreiches Schlagwort, das die Politik schon stark beeinflußt hat und für die Zukunft ernstlich in Rechnung zu ziehn ist. Es hat zur Erwerbung Hawais, Portoricos und der Philippinen geführt und hat der Monroelehre nicht nur neue Lebens­kraft sondern auch einen erweiterten Horizont gegeben. In der noch so jungen Geschichte der Vereinigten Staaten spielt die Vergrößerung eine Hauptrolle. Sie führte zum Anschluß des Mississippigebiets (früher Französisch-Louisiana), Maines, Floridas, Texas und Kaliforniens, das die ganze Westküste umfaßte; ferner zum Ankauf Alaskas und endlich zu den Angliederungen der aller- jüngsten Zeit. Wenn man von Englands und Rußlands Eroberungen in Asien und ferner von den Besitznahmen in Afrika absieht, hat keine Macht so große Gebiete gewonnen. Gleichwohl sind die Amerikaner stolz auf ihre Friedens­tendenzen, ihre Abneigung gegen stehende Heere und Flotten. Es läßt sich auch gar nicht verkennen, daß die Brnst des amerikanischen Volks zwei Seelen beherbergt. Die eine ist geleitet von kräftigen Regungen der Religiosität und Humanität, mit starken methodistischen und quäkerischen Beimischungen. Die andre lebt und webt in ungestümem Tatendrang. Sie will von den Gütern dieser Welt einen möglichst großen Anteil und ist eben nicht sehr bedenklich in der Wahl ihrer Mittel. Ein Ausfluß von ihr ist das Trustwesen mit all seinen Rücksichtslosigkeiten und Erfolgen. Aber die andre ist auch immerdar vorhanden und macht sich geltend. Sie geht wie eine kontrapunktisch behandelte Stimme oft gegen diese an, trifft aber auch manchmal mit ihr zusammen, wenn es nämlich gegen etwaige Eroberungstendenzen Fremder geht. In einem Punkte vereinigen sich alle: in der unbedingten Verfechtung der Monroelehre. Diese ist kein an­erkanntes Völkerrecht, kein geltendes Gesetz, aber eine höchst reale Tatsache, an der sich noch kein europäischer Staat vergriffen hat. Frankreich hätte es beinahe mit dem mexikanischen Abenteuer versucht, zog es aber vor, rechtzeitig nach Hause zu gehn. Früher wurde geltend gemacht, gewissermaßen als