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Das Gerichtswesen bei den Negern in Britisch-Zentralafrika
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Das Gerichtswesen bei den Negern in Britisch-Zentralafrika

bringung von Gründen für und wider ist bewundernswert. Darin zeichnen sich nicht nur die beiden Parteien aus, nein sogar die Natsmänner, die, mit Ausnahme des Häuptlings, auch meist Parteiganger sind, lassen nichts zu wünschen übrig. Die Anwälte, zumeist ältere, erfahrne Männer aus der Ver­wandtschaft, plädieren Frauen dürfen ihre Fälle vor Gericht nur durch Männer vertreten lassen; der Häuptling fällt sein Urteil und sorgt sofort für die Vollstreckung. Die Entscheidung wird im allgemeinen weise gefällt. Die Neger verstehn in der Tat, fein zu differenzieren, und uns sind mehrere salomonische Urteile bekannt. Daher kommt es, daß weitaus in den meisten Fällen die Sprüche des Dorfgerichts von beiden Parteien angenommen werden. Es geschieht jedoch auch, daß der Verurteilte seiner Gemeinschaft entflieht und von neuem sein Recht bei einem andern Potentaten sucht.

Man verfährt in vorstehender Weise bei allgemeinen Fällen von nicht großer Bedeutung. Ist jedoch eine Sache für das Wohl eines größern Distrikts oder gar eines Stammes von besondrer Bedeutung, so wird der Häuptling eines solchen Distrikts, umgeben von seinen Unterhäuptlingen, schließlich aber der erste Häuptling selbst das Recht sprechen und das Urteil ausführen. Die Argumente sind dann äußerst subtil und sehr anschaulich. In den Dörfern nahe bei dem Aufenthaltsort eines größern Häuptlings wird gleich direkt dessen Entscheidung angerufen.

Hieraus geht hervor, daß eine gewisse Gerichtsführung dem Neger wohl bekannt ist. Von Natur aus träge und faul, furchtsam und gleichgiltig, zieht er es vor, sich dem Urteile seiner ihn streng, fast autokratisch regierenden Häuptlinge zu unterwerfen. Ihre Entscheidung ist cndgiltig. Die mächtigen Könige" der großen Stämme wie Angoni, Aw-emba, Mcikololo usw. jedoch kümmern sich nicht um einenGerichtsrat", ihr Wille ist Gesetz. Berichtet doch Sir Harry Johnston, daß vor nicht ganz zehn Jahren noch bei den A-lunda- und Aw-cmbanegern Hände und Ohren für ganz geringe Vergehen abgeschnitten wurden. Doch diese Fälle sind selten und als Ausnahme zu betrachten; meist wird der Häuptling nicht so despotisch regieren und wichtige Urteile nur dann füllen und vollstrecken, sobald er seine Unterhäuptlinge und andre Ratgeber befragt hat.

Oft wird bei Verbrechen eine ArtGottesurteil" angewandt. Fast im ganzen heidnischen Afrika ist es den Negern bekannt und wird allgemein ge­braucht. Es ist eine furchtbar grausame, schreckliche Methode. Beschuldigt jemand einen andern Menschen, ihn durch Zauberei krank gemacht oder vielleicht sein Weib zur Untreue verführt zu haben, so muß der Angeklagte Gift nehmen. Überall wird dasselbe Gift zu diesem Zwecke benutzt. In Britisch-Zentralafrika ist es als Muavi oder Mwai bekannt. Es wird aus der Rinde des Lr^tnropvleuro. xnineensö zubereitet, indem die Rinde in einem kleinen hölzernen Mörser mit einem hölzernen Stößel zerrieben wird. Soll das furchtbare Muavi gegeben werden, so rührt der Giftmischer, oft ein altes