Menschlichkeit
571
zehnten Jahrhunderts. Bald gewann die neue Lautgruppe die Geltung einer selbständigen Bildungssilbe, die mehr und mehr um sich griff und dem rechtmäßigen oeit erfolgreiche Konkurrenz machte, sodaß neue Bildungen wie eäslkeit, eitelkeit, ditterkeit, trsrmäliedkeit, lauZsamKeit, truektbarkeir und viele andre aufkamen, von denen einige schon im Beginn der mittelhochdeutschen Zeit anzutreffen sind. Aber nun kam der Schulmeister und entdeckte, daß diese Bildungen wider die Ordnung verstießen. Es war doch klar, daß evekeit zu «vig und KeilsKeit zu Keilig gehörten. So regte sich denn das etymologische Gewissen, und dieser Mahnung zufolge lehrte man, daß evigkeit und KviliZKeit zu schreiben sei, damit der, wie es schien, verschwundne Auslaut des Grundwortes wiederhergestellt würde. Daß er in dem K der Silbe Keit steckte, ahnte man nicht, dem Sprachgefühl des Grammatikers erschien die Lautgruppe Keit wie jedermanns Sprachgefühl als ein selbständiges Bildungselement. Natürlich behielt die gelehrte Verschlimmbesserung Recht, und diese beeinflußte wieder die Aussprache. Heute bemüht sich wenigstens der Gebildete, seine Aussprache in Einklang mit der Schreibung zu bringen, das heißt die künstlich geschaffne Wortfuge durch deutliche Silbentrennung zu markieren. Das Volk freilich spricht nach wie vor Ewekeit und Heilekeit.
Und nun wiederholt sich der eben erst beschriebne Prozeß. Indem sich die zuletzt behandelte Gruppe von Neubildungen noch durch den Typus, der durch Wörter wie treunälioli-Keit oder bi1Iivb.-Keit repräsentiert wird, verstärkte, da man neben treunälioKKeit auch treunäligkeit, neben dilliodkeit auch billigkeit (wie uoch heute) schrieb, erwuchs in dem Ausgange ix und Keit ein neues Bildungselement von selbständiger Geltung. Und da es dieselben Funktionen übernahm wie seine Vorgänger, entstand wiederum eine ganze Schar von Neubildungen, von denen einige wie reinigkeit, taxtsrigkeit, mgsssrigkeit wieder abgestoßen wurden, die meisten aber wie Helligkeit, baugigkeit, Genauigkeit, Kleinigkeit, Nettigkeit usw. einen nicht unwesentlichen Teil unsers heute bestehenden Sprachschatzes ausmachen. Auch das moderne Wortungetüm gsist- reivkigkeit verdankt diesem Bildungstriebe seinen Ursprung, es ist ein übler Ersatz für das im achtzehnten Jahrhundert in diesem Sinne geltende vits.
Es ist eigentlich ein Wunder, daß in dieses Chaos überhaupt Ordnung gekommen ist. Aber es ist so, man kann die Machtsphäre der drei Rivalen heute ziemlich genau abgrenzen. Es würde aber zu weit abführen, das hier bis ins einzelne auseinanderzusetzen. Nur das wichtigste sei im Vorbeigehen bemerkt. Die Silbe Keit, die übrigens im Laufe der Zeit einen nicht unbedeutenden Teil ihres alten Besitzstandes verloren hat, behauptet sich ohne Ausnahme hinter den Partizipien; man denke an Wörter wie beMrmeubeit, ver- messsnlisit, bslisdtbeit, verrüoktlisit. Keit erscheint regelmäßig hinter den Bildungssilben ei und er, wie in Übelkeit, Heiterkeit (nur äunkeldeit und siokerlieit machen eine Ausnahme), ebenso auch in Verbindung mit den durch die Ableitungssilben lieb., saiu, bar gebildeten Adjektiven, wie nerrlioKKeit,