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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Erhebung über den engen Arbeitskreis des Einzelwerks und zur Mitarbeit am Staatsganzen geht, so sollte man doch oben erkennen, daß diese Bewegung unaufhaltsam ist, daß sie eine Notwendigkeit ist, daß das Motiv nicht Stellenhunger unerfahrner junger Männer ist, und daß diese Bewegung nicht in Geldkompetenzen ihre Befriedigung finden kann. Diese Bewegung ist eine Folge unsrer Zeit.

In Bayern besteht ein Verein der höhern technischen Staatsbeamten, ähnlich i» Württemberg nnd Baden. Man hat noch nicht gehört, daß deshalb die bayrischen oder württembergischen Staatsbahnen aus den Schienen gegangen wären. Man hat auch nicht gehört, daß dem leitenden Minister dadurch Schwierigkeiten erwachsen seien. Wo ein Beamtenverein staatsfeindlich würde, sind genug Mittel vorhanden, ihn zur Vernunft zu bringen. Wir leben heute in einer Zeit der organisierten Volkswirtschaft. Sollen die geistigen Arbeiter von einer Koalition ausgeschlossen bleiben? Wo zwingende wirtschaftliche und soziale Grüude vorhanden sind, kommt ein Zusammenschluß früher oder später. Durch störende Eingriffe von oben wird oft das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht. Es ist Klugheit, so tief­gehenden Bewegungen ein breites Bett zu graben, um sie sich ausströmen zn lassen. Geschieht das mm in Preußen? Leider nicht! Hier hat der Eisenbahnminister Breitenbach dnrch seinen bekannten Erlaß gegen die höhern Eisenbahntechniker vor der Bildung eines Vereins gewarnt.

Der Minister hat aber nichts durch seine Warnung erreicht. In der Stille hat sich ein technisches Komitee gebildet von Leuten, die dem Griff des Ministers nicht mehr unterstehn. Die Fachlente hoffen, daß es gelingen möge, bald eine deutsche technische Reichsorganisation zu schaffen.

Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Der erste Band dieses von den Professoren Conrad, Lexis, Elster und Loening herausgegebnen unvergleichlichen enzyklopädischen Werkes ist 1890 in Gustav Fischers Verlag erschienen. Es hat sich ungeteilte und unverklausulierte Anerkennung erworben, und wo immer im In- und Auslande über Gegenstände der Volkswirtschaft, der Verwaltung, der Rechtspflege, der Finanzpolitik, der Sozialpolitik geschrieben wird, da dient es nicht bloß als unentbehrliches Hilfsmittel sondern als solide Grundlage. Der rasche Wandel in der Gesetzgebung, in der wirtschaftlichen Entwicklung, der alljährliche Zuwachs an neuem statistischen Material machen beständig Ergänzungen und Korrekturen not­wendig, und so haben sich denn die Herausgeber uud der Verleger veranlaßt gesehn, der zweiten, vor acht Jahren erschienenen Ausgabe eine dritte folgen zu lassen. Sie erscheint in Lieferungen von 10 bis 11 Druckbogen (Preis 2 Mark 50 Pfennige, die Doppcllieferung 5 Mark) nnd wird vollständig 8 Bände von zusammen 600 Druck­bogen umfassen. Der Subskriptionspreis beträgt 150 Mark für das broschierte und 175 Mark für das in Halbfranz gebundne Exemplar. Besitzern der ersten oder der zweiten Auflage, die ihr Exemplar gegen eins der neuen Auflage eintauschen wollen, wird ihr altes Exemplar mit 42 Mark angerechnet. Die uns vorliegenden zwei ersten Lieferungen enthalten an nenen Artikeln u. a. eine sehr gründliche Würdigung Ernst Abbes uud eine Abhandlung über Agrar- und Industriestaat. Unter den umgearbeiteten nnd erweiterten Artikeln ist vor allem die Agrargeschichte zu nennen. In der ersten Ausgabe hatte sie Lamprecht bearbeitet. In dieser neuen haben sich drei Autoren in die Arbeit geteilt, nnd Max Weber, der das Altertum behandelt, hat nicht bloß die Agrargeschichte sondern das ganze Wirtschaftsleben der alten Welt, der orientalischen wie der griechisch-römischen, mit der erstannlichen Wissensfülle und der scharfsinnigen Kombinationsgabe dargestellt, durch die sich dieser Forscher auszeichnet. Diese seine 136 doppelspaltigen Seiten in Lexikonoktav hätten sehr gut als ein selbständiges Werk erscheinen können. Ohne Zweifel wird auch noch manche der übrigen Lieferungen ähnliche angenehme Überraschungen bringen. L. Z.