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Für die Reichshauptstadt
Unterrichtserteilung in arabischer Sprache. Man kann des weitern daran erinnern, daß sich der ?emps eine Unterredung mit dem Vizekönig verschaffte, in der dieser Klage führt und mit den Worten schließt: „Die Franzosen sollten doch zahlreich nach Ägypten kommen, die Ägypter vergäßen nicht, was die Franzosen für sie gewesen seien, und liebten sie innig ... trotz alledem ..." ^out cls in6ui6 — wie der ?emps in Sperrdruck hervorhebt. Das heißt trotz der ententk vorclmls!
Aus dieser Darlegung geht hervor, daß ein maßgebender Teil der öffentlichen Meinung in Frankreich auf die ägyptische Nationalpartei schaut wie ein in die Begabung seines Schülers verliebter Lehrer, der ihm auch einen Haufen Unarten verzeiht, mit denen der Racker dem Ordinarius das Leben sauer macht.
Paris, April iM? Zoh. Tschiedel
Für die Reichshauptstadt
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! on Zeit zu Zeit widerfährt es der Reichshauptstadt Berlin, eine strenge Moralkritik über sich ergehen lassen zu müssen. In der Regel sind es Synodalversammlungen, in denen der Stab über sie gebrochen wird. Aber auch in den Parlamenten findet sich ! nicht selten ein entrüsteter Zensor. So noch jüngst ein konservatives Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. Diese Neigung, die eigne Hauptstadt vor aller Welt anzuschwärzen, gehört zu unsern deutschen Eigentümlichkeiten. Hat man je vernommen, daß an gleich hervorragender und verantwortlicher Stelle in den entsprechenden Ländern ähnliche Urteile über Paris, London und Wien gefällt werden? Oder unterscheidet sich etwa Berlin von diesen Weltstädten so sehr zu seinem Nachteil? In den letzten Jahren haben öfter, als früher, angesehene ausländische Reisende, insbesondre Franzosen, die deutsche Reichshauptstadt zum Gegenstande ihrer Studien gemacht. Wir habeu viel Anerkennendes gehört, zuweilen auch einen Tadel, der, auch wenn er nicht ganz berechtigt gewesen wäre, uns von den Vertretern älterer Kulturen nicht z» verletzen brauchte. Keiner von den fremden Beobachtern aber hat Anklagen erhoben, wie wir sie von den heimischen Sittenrichtern hören. Nach der Schilderung des Abgeordneten von Schuckmaun müßte Berlin eiu riesiger Süudenpfuhl sein. Haben die Franzosen, die Engländer dafür kein Auge? Oder ist ihr Empfindungsvermögen abgestumpft durch die Gewöhnung an die gleiche Verderbnis der eignen Hauptstädte? Gerade diese Gleichheit aber wird bcstritten. Berlin soll, insbesondre durch die Zügcllosigkeit seines Nachtlebens, einzig in der ganzen zivilisierten Welt dastehen. Schaudernd hört das so