Beitrag 
Schulfragen. 1. Die Überbürdung auf den höhern Schulen
Seite
412
Einzelbild herunterladen
 

412

Schulfragen

hier vortrage; der Hauptgrund ist der, daß man zu keiner wissenschaftlichen Beschäftigung mehr Zeit übrig hat. Denn ich unterschreibe Paulsens Wort, daß der höhere Lehrerstand den Anspruch auf die Zugehörigkeit zum Gelehrten­stand nicht aufgeben darf, daß er nicht allein Beamter mit sechs bis acht Stunden Bureauarbeit am Tage sein darf und sein kann: wenn der Lehrer aufhört zu lernen, so hört er auf Lehrer zu sein. Ich beklage es tief, auch aus diesem Grunde, daß unser Stand durch den Kampf um die bong, exterug. so viel Zeit und Kraft zu opfern gezwungen ist. Wann wird es einmal ge­lingen, die entscheidenden Instanzen davon zu überzeugen, daßdieser Kampf ein gerechter und notwendiger ist,"daß ihn durchzuführen nicht bloß Recht, sondern Pflicht ist"? (Paulsen). Wann wird, mit andern Worten, die alte Forderung des höhern Lehrerstandes, die Gleichstellung mit den Richtern, schon vor fünfzig Jahren erhoben, von den meisten Kultusministern seit Eichhorn und von Kaiser Wilhelm dem Ersten selbst anerkannt, eine Forderung, für die sich das preußische Abgeordnetenhaus ebenfalls vor einigen Jahren entschieden hat, erfüllt und Friede geschlossen werden? Herr von Miquel sagte einmal von den Oberlehrern:Die Herren sind nie zufrieden." Ich versichere, sie wären zu­frieden, wenn diese Forderung erfüllt würde. Solange das nicht geschieht, solange nicht Unterrichtspolitik getrieben wird statt der kleinlichen Finanzpolitik, die immer halbe Arbeit macht und sich selbst korrigiert und ergänzt und sich sogar auf den Stundenplan erstreckt,*) so lange nehmen wir «xx«^tevvt, was man uns gibt, bestehn aber auf der Lösung unsrer czuasstio psrvewa und denken auch im Hinblick aus etwaigewohlgefällige Geschenke" nicht daran, das eine Ziel aufzugeben.

Mehr Freude an der Schule würde endlich sein, wenn die Behörden so wären, wie sie sein sollten, wenn die richtigen Männer immer am richtigen Platze wären. Hören wir darüber Matthias selbst:Bei manchem Leser wird sich sicherlich und das mit gutem Grund und gutem Recht die Frage auf die Lippen gedrängt haben: »Geschieht denn auch in den obern Regionen alles, um die Freude an der Schule zu fördern? Sorgt ihr für den nötigen Sonnenschein, der zu allem Wachsen und Gedeihen erstes Erfordernis ist?« Diese Frage ist berechtigt. Vorweg seis gesagt: man wird nicht besser, wenn man seine Fehler verbirgt. Auch die Behörden sind keine vollkommnen und unfehlbaren Abstrakt«: sie bestehn aus Persönlichkeiten, denen nichts Menschliches fremd ist, und deren Wirksamkeit nicht immer unfehlbar Arbeitsfreude fördert. Wenn, wie in vergangnen Zeiten, auch heute noch manche Dinge die Freude an der Schule stören, so ist das nicht nur die Schuld der Regierten. Mit Recht fragen diese, ob denn nicht manche Unfreundlichkeit, manch unnötiger Zwang unterbleiben könnte. Ist es znm Beispiel nötig, daß die Revisionen, die zur guten Ordnung gehören und tüchtiger Arbeit nur willkommen sind, so »schulmeisternd« oder so nervös, so nörgelnd ausgeübt werden? Könnten sie

") Wir wissen, was man uns darauf erwidern will, daß Ausnahmen von dem finanziellen Schema gemacht werden können und gemacht werden; aber das sind eben Ausnahmen, nur in seltnen Fällen und nach eingehender Motivierung zulässig und oft auch beim besten Willen des Direktors in praxi nicht durchführbar.