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Schulfragen. 1. Die Überbürdung auf den höhern Schulen
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Schulfragen

Wenn am Vormittag fünf Stunden erteilt werden. Die häusliche Arbeitszeit ist nach ganz sichern Erfahrungen mit drei bis vier Stunden täglich für die Schüler der Oberstufe nicht zu hoch bemessen, ja es gibt schon Untersekundaner, und zwar ganz begabte, die nach einem anstrengenden Schultag, dessentwegen sie erst nach sechs Uhr in das elterliche Haus zurückkehren, noch vier Stunden gearbeitet haben. Daß manche Schüler noch Musik treiben, kann man auch nicht verbieten. Rechnet man alles dies zusammen, so kommt man, die Woche zu sechs Arbeitstagen angenommen, auf eine tägliche Arbeitszeit von elf bis zwölf Stunden für einen Schüler der Oberstufe, gewiß zu viel für einen jungen, in der Entwicklung begriffnen Körper.

Aber auch die Art der täglichen Arbeit trägt zur Überbürdung bei: es gibt auf den höhern Schulen infolge des durchgeführtenFachlehrersystems" keine Nebenfächer mehr, und gerade für die Fächer, für die der junge Mann am wenigsten Begabung und Neigung hat, muß er am meisten arbeiten; denn mehrere Nichtgenügend" in Nebenfächern oder einNichtgenügend" in einem Hauptfach gefährden das Aufrücken in die höhere Klasse. Auf dem Gymnasium muß ein Schüler der Oberstufe vier fremde Sprachen (Griechisch, Lateinisch, Französisch und Englisch denn ohne Englisch kann ein Gebildeter heutzutage kaum aus­kommen), unter Umständen auch noch eine fünfte (Hebräisch) bewältigen; dazu kommen Mathematik, Physik, Deutsch, Geschichte, die sämtlich gewissenhafte Vor­bereitung verlangen, wenn der Schüler den an ihn gestellten Anforderungen genügen will. Auf vier Fächer muß er sich wohl jeden Tag vorbereiten und sich dabei immer nach kurzer Zeit von einem Gedankenkomplex in den andern stürzen; ruhige Vertiefung in ein oder zwei Fächer ist ausgeschlossen. Es ist ein fortwährendes Hasten und Hetzen, bei dem oft die mitternächtige Stunde herankommt. Und doch ist langsame Arbeit die Voraussetzung ruhiger Bildung, und auch eine gewisse Beschränkung in den Fächern ist die Voraussetzung ruhigen Bildungserwerbes. Es ist unmöglich, ein Vielerlei zugleich zu treiben; Halb­wissen, Widerwille oder Dünkel sind die Folgen.

Auch die Freude an der Arbeit entsteht nur bei einer beschränkten Anzahl von Fächern. Die Schüler können das, was heute von ihnen verlangt wird, mit den gewöhnlichen Mitteln einfach nicht mehr leisten, und auch ihre Lehrer sehen das ein. Darum ist eine ganz neue Vorbereitungsliteratur entstanden, die noch über die altbekannten Freundschen Präparationen hinausgeht und dem Schüler nur wenig eigne Arbeit mehr zumutet. Sogar die Texte der fremd­sprachigen Schriftsteller sind gegliedert und mit deutschen Überschriften versehen, sodaß der Schüler nicht mehr nötig hat, sich aus dem Gelesnen den Kern heraus­zuschälen. Er hat eben gar nicht die Zeit dazu, wenn er die vorgeschriebne Aufgabe bewältigen will. Am allerbedenklichsten bei der jetzigen Einrichtung ist der Umstand, daß die höchste Belastung der Schüler mit Schulstunden und häuslicher Arbeit gerade zu der Zeit anfängt, wo sie in die Geschlechtsreife ein­treten. Nicht nur die Ärzte, sondern auch aufmerksame Eltern wissen, wie große Veränderungen körperlicher und seelischer Art in dieser Zeit bei dem jungen Manne vor sich gehn, wie reizbar er ist, und wie gerade da Bewegung in freier Luft, körperliches Austoben, fröhliches Wandern durch Wald und Feld das innere