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Afghanistan : Schilderungen und Skizzen :
(Fortsetzung)
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Afghanistan

Jahren wurde dem Emir berichtet, der Pächter besitze viel Geld, Dieser wurde deshalb nach Kabul gebracht und so lange gefangen gehalten und gefoltert, bis ihm ein Bekenntnis seines Vermögens bis auf den letzten Senar erpreßt worden, und das Geld in dem unergründlichen Säckel des Emirs verschwunden war. Durch diesen gemeinen Raub bereicherte sich Abd-ur-Rahmän mit dem Betrage von 60000 Rupien.

Ein vornehmer Afghane, der sich auf Handelsgeschäfte gut verstand, erhielt vom Emir mehrere hunderttausend Rupien zu Geschüftszwecken geliehen. Es wurde dabei eine Verzinsung des Kapitals mit fünf vom Hundert vereinbart. Der Handel ging gut, und der Emir ließ die fülligen Zinsen zum Kapital schlagen. Das dauerte drei bis vier Jahre. Selbstverständlich wurde der Händler durch die Zollämter strengstens überwacht, und dem Emir wurde von Zeit zu Zeit Bericht erstattet. Eines Tages wurde der Kaufmann ohne jede Ursache in das Gefängnis geworfen uud blieb solange in Haft, bis das ihm geliehene Geld samt allem Gewinn im Besitze des Emirs war. Dann sagte Abd-ur-Rahmän zu dem freigelassenen: Du weißt, daß alles Geld mir gehört. Es tut mir leid, daß dir solches widerfahren ist, aber du hast ja die Jahre her ein gutes Leben gehabt. Ich will dir wieder Geld leihen, damit du neuerdings Geschäfte machen kannst. Dieser Vorgang wiederholte sich, der Kaufmann saß schon dreimal in Haft und wurde jedesmal seines Vermögens beraubt, damit der edelmütige Emir das Seinige zurückerhalte.

In einem Reiche, dessen Herrscher sich offenkundiger Räubereien schuldig macht, scheuen selbstverständlich auch die, deren Gewalt dazu ausreicht, und deren Vorteil damit verknüpft ist, vor verdammenswerten Untaten nicht zurück. Von einem durchaus glaubwürdigen Manne wurde mir erzählt, daß zum Bürger­meister von Kabul der Vertrauensmann des Emirs ernannt würde, der diesem die größten Einnahmen versprach. Wie und wo er das Geld aufbrachte, war ziemlich gleichgiltig, jedesmal wurde dem Bürgermeister hierbei freie Hand ge­lassen. Es ist deshalb begreiflich, daß es unter so bewandten Umständen nicht immer mit rechten Dingen zuging. Von dem vorigen Bürgermeister von Kabul werden recht wenig erbauliche Dinge berichtet. Er soll während seiner zehn­jährigen Amtstätigkeit mehrere hundert Raubmorde durch seine Schergen haben ausführen lassen, ohne daß es jemand gewagt hätte, auch nur ein Wort darüber zu sprechen. Die Leute zitterten eben vor ihm. Schließlich ereilte ihn das Ver­hängnis unter Umstünden, die einen furchtbaren Verdacht gegen den Emir ent­halten. Der Bluthund von einem Bürgermeister hatte nämlich durch seine Schutzleute" einen vermögenden Mann verhaften, seines Bargeldes im Betrage von 20000 Rupien berauben und dann ermorden lassen. Von dieser Beute übergab er dem Fürsten 2000 Rupien, den Rest behielt er für sich; ein Zufall hatte es jedoch so gefügt, daß ein Knabe wußte, welche Summe Geldes in diesem Falle geraubt worden war. Möglicherweise ist dem Knaben die Summe von wissenden Leuten genannt worden, jedenfalls wurde er veranlaßt, an den Emir zu berichten. Der Bürgermeister, auf Grund dieser Anzeige zu dem Herrscher gerufen nnd befragt, welchen Betrag er dem Ermordeten habe abnehmen lassen, beteuerte, es seien 2000 Rupien gewesen. Der Emir hielt ihn, die Anzeige