756 Der fromme Maler
genug hast zu einem ruhige» Alter, danu falls schön ivcrden. Daun steht dir die Wahl frei, wo du deine Ruhejnhrc zubringen willst. Bei einem der Brüder? In einer freundlichen Stube im Oberstock, mit dem Blick ins Grüne? Und so recht ini Familicnschvß? Sie reihte Bild nu Bild, heiter spielend, wie ein Kind mit einer Perlenschnur, und er besah die Bilder, uud es wurde ihm warm dabei. Aber danu sagte er- Nein, daS nicht. Ich passe nicht nnter die ander». Hier und da ein paar Tage, ja. Aber dann muß ich wieder allein sein. Ich kann nicht dafür. Ich bin doch anders als sie.
Da hatte sie schon ein Stübchen i» Bereitschaft, draußen vor der Stadt, dort, Wo die letzten, einzelnen Häuser steh», am Fnße des steilen Anstiegs, der in Waid und Heide führt. Das gibt ein Lebe», sagte sie. Wie ein Freiherr hast dns dann. Nein, dann bist dn einer. Das möchtest d» wohl »och ci»c Weile sei»? Das sollst du auch.
Er mußte ei» paarmal schlacken. DaS stand alleS so greifbar deutlich vor ihm. Und da»» lachte er behaglich.
Also — immer voran. Das tonnten ihm die Genosse» freilich nicht ansehen, was snr ein fei»er, behaglicher Rentner für die Zukunft in ihm steckte. Er trug seine Kleider bis zur Unmöglichkeit aus. N»d die Stiefel, Flicke» a» Flicke». Was tat das? Nur immer gespart. Das sollte ihm später alles hereinkommen. Später, ja, da wollte er sich auch einmal die Kammer heize» lasfe». Das tat er jetzt nicht. Er schlenkerte mit den Armen, nm warm z» werde», wen» ih» fror, und legte fich Abends bald zn Bett.
Das war uu» bisher alles schon glatt gegangen. Die Sparsumme wnchs a», es war eine wahre Freude. Er wußte kaum, daß er anfing, die Gedanken daran mit sich hernmzutragcu, wo er ging und stand. Er war auch jetzt nicht mehr so kräftig, es wollte nicht mehr so recht mit der Arbeit gehn. Er nmßte wohl in ein paar Jahren Feierabend machen. Da sann er, ob es nicht ein bißchen schneller gehn könne mit dem Ansammeln. Nm diese Zeit trug er etwas iu den Wald hinein, das dort nicht hingehörte, das nicht sonntäglich war uud nicht frei. Wie konnte er noch mehr sparen? Gab es nichts, womit er sich einen außergewöhnlichen Verdienst verschaffen konnte? Das bewegte seine Gedcnike», während rings um ihn die Bäume rauschten, und die gelben Blätter niederfielen im spätherbstliche» Nordvst- wi»d. Während ri»gs nm ihn her die Natnr verschwendete, da ja ein neuer Frühling alles neu ausschmücken mußte, sauu er, wie er ihr Pfennige abstehlen kö»»e, ihr, die ih» königlich empfangen hatte jahraus jahrein. Das war so: Der Blumenmichel war jüngst gestorben, ein halb verwilderter Wcildmcnsch, der nur ansgetcmcht war, das Gesicht von einem großen Bart verdeckt, den riesigen Strohhut tief iu den Kopf gezogen, wenn er an den Bahnhöfen der Residenz seine Wnldstränße zum Verkauf angeboten hatte. Man hatte nur wenig von ihm gewußt; er war eine Sehenswürdigkeit gewesen, die man den ankommenden Fremden gezeigt hatte. Aber Gottlob Maier hatte ihn verschiedentlich getroffen, im Dickicht, auf den Waldwicsen oder am Rande der Sümpfe, wo irgend merkwürdige Blumen aufzufinden waren. Das Sträußebinden, das hatte er von ihm gelernt. Vom erste» Veilchen an, von den rötlichen Vuschanemviicn an, bis znm rot nnd braun gefärbten Hcrbstlaub, bis zu den glänzenden Zweigen der Stechpalme mit den roten Beeren; olles hatte sich, lieblich uud anmutig, zum Strauße gefügt, was draußen an grünen und farbigen Trieben erwuchs. Aber es war seitdem immer das Geschenk des Waldes an ein Kind des Hanfes gewesen, was er davon getragen hatte. Er hatte es ja nicht nötig gehabt, Gewinn darans zu ziehu, er hatte die duftigen Gaben als ein Stück Sonntag mit in seinen Werktag hinein genommen. Das wurde nun anders. Nun nahm er den Werktag mit in sein grünes, hcrbstbunt ausgeschmücktes Sonntagshaus. Deu Werktag uud den Erlverbsinn. Dns wurde seine Schuld. Das trieb ihn aus dem Paradies, wo er bisher jeden siebenten Tag gelebt hatte.