vom Strafmaß
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unsers Staatswesens macht. Wir werden die Auswandrung nicht künstlich steigern, wohl aber den Strom unsrer Auswandrer dorthin lenken, um die Besitzungen so deutsch wie möglich zu machen, und das wird uns in den schwach bevölkerten Teilen Südamerikas verhältnismüßig leicht werden; wir werden alle Neger grundsätzlich fern halten und möglichst nur solche Nationen zulassen, die unsre Sprache sprechen; endlich werden wir den Besitzungen das größte Maß von Selbstverwaltung geben und sie in zollpolitischer Hinsicht so günstig stellen, als es die Interessen des Mutterlandes nur irgend erlauben.
Die Grundwurzeln unsrer Kraft werden nach wie vor in Deutschland selbst rnhn. Dieses darf von den Kolonien nur im Bezüge der industriellen Rohstoffe, aber nie in der Lebensmittelversorgung abhängig werden. Nie dürfen wir vergessen, daß unser Vaterland infolge seiner geographischen Lage eine Festung ist, die jeden Tag für eine Belagerung gerüstet sein muß. Je mehr die Regierungen in unermüdlicher Arbeit dafür sorgen, daß die jetzt noch brachliegenden Ödländer Deutschlands urbar gemacht werden, damit unsre Getreide- und Viehproduktion gesteigert wird, desto sicherer werden wir auch der Eventualität eines europäischen Krieges ins Auge sehen können, der uns bei ungenügenden Lebensmittelvorräten sonst wahrscheinlich die schlimmsten Gefahren, jedenfalls aber eine Preissteigerung ohnegleichen bringen würde. England ist schon jetzt eine Festnng, die so schwach verproviantiert ist, daß die kürzeste Einschließung die Kapitulation herbeiführen müßte. Daß das momentan noch unmöglich erscheint, ist richtig, aber schließlich ist es doch nur eine Frage der Zeit, daß zwei andre Kriegsflotten ausreichen werden, zusammen die britische Seemacht zu bekriegen und die britischen Häfen zu blockieren. Wir aber, die wir eine zwar vortreffliche, aber vorläufig sehr kleine Flotte haben, müssen uns doppelt hüten, in den englischen Fehler zu verfallen, ganz abgesehen davon, daß unsre Festung von keinem schützenden Wassergraben umgeben ist.
Vom Strafmaß
ls ich als junger Assessor bei der Staatsanwaltschaft zum erstenmal die Fuuktionen dieser Behörde vor dem Schöffengericht wahrnehmen mußte und vorher vergeblich versucht hatte, mir aus dein Bündel flüchtiger Notizen, die sich mit dem stolzen Namen „Handakten der Staatsanwaltschaft" brüsteten, ungefähr ein Bild von den zur Verhandlung stehenden „Straftaten" zu machen, wandte ich mich an meinen nächsten Vorgesetzten, den Abteilungschef, mit etlichen Fragen, unter denen cmch die war: „Wonach soll ich mich eigentlich richten, um das richtige Strafmaß zu bcautragen?" Darauf sprang der gegen uns jüngere Kollegen überaus liebenswürdige, im Dienste der von ihm schwärmerisch geliebten und verehrten Anklagebehörde ergraute Herr lebhaft aus seinem Schreibsessel auf, schritt einmal im Zimmer hin und her, blieb dann vor mir stehn und faßte Grenzboten IV 1904 2