Contribution 
Das Wasserstraßengesetz in Preußen und der deutsche Seehandel
Page
373
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Das Wasserstraßengesetz in Preußen und der deutsche Seehandel Z?Z

Möglichkeit schneller Nachrichtenübermittlung durch Post und Telegraph schlössen die Länder der Welt enger aneinander. Es würden dadurch auch die großen Mittelpunkte von Handel und Verkehr weiter nach dem Binnenlande hin ver­schoben, die Küste und die Handelsplätze an ihr würden immer mehr nur Durchgangsstation, höchstens Umlade- und Speditionsort, die Leitung des internationalen Warenaustausches läge im Lande.

Trotzdem werde ich auf keinen zu großen Widerspruch zu rechnen haben, wenn ich dem hinzufüge: Die Hauptstraße des Handelsverkehrs der Welt bleibt doch die See. Sie ist die große durchgehende Hauptlinie, alle Verkehrs­wege im Lande sind Anschlußlinien, Nebenstraßen, die dazu dienen, das Land in seinen einzelnen Teilen dem Seeverkehr zu erschließen. Wenn Sombart meint, Deutschlands Volkswirtschaft ruhe heute schon auf einer zwei- bis dreimal so großen Bodenfläche, als sie das Deutsche Reich mit seinen Grenzen umspannt, so bleibt nur noch festzustellen, wieviel hiervon nur auf dem See­wege oder besser auf dem Seewege zu erreichen ist, um das Maß der Ab­hängigkeit Deutschlands von der See als Straße zu ermessen. Dieser Er­schließung des Landes für den Seeverkehr fügt aber jede Verbesserung unsrer Wasserstraßen ein neues Glied hinzu, und darin liegt letzten Endes die Bedeutung der Vorlage, die jetzt der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften in Preußen unterbreitet ist, eine Bedeutung, die nach dem, was ich hier dargelegt habe, nicht nur über örtliche und provinzielle Verhältnisse weit hinausführt, sondern die auch an den Grenzen des preußischen Staates wie des Deutschen Reichs ihr Ende nicht erreicht.

Dies ist der größere Nahmen, in den ich das Bild stellen wollte, aber noch um etwas andres handelt es sich meines Erachtens, wenn man die Ver­hältnisse richtig übersehen will, und das ist der Wert des Gesetzes vom mili­tärischen Standpunkt aus. Seine Begründung bringt einiges über die Wichtig­keit der Wasserwege für die Landesverteidigung, spricht auch davon, was die Ems- und die Weserhäfen an Zufuhr für die kriegführenden Heere leisten könnten, solange die Kriegsmarine unsern Seehandel zu schützen vermag," sie bedarf aber nach der Seite der Seerüstung des Deutschen Reichs wohl noch der Er­gänzung, einer Ergänzung, die ja allerdings nicht vor das Forum der preußischen Gesetzgebung gehört.

Unsre Wasserstraßen dienen nicht nur dem Güteraustausch zwischen den einzelnen Teilen der Monarchie, der Verkehr auf ihnen ist auch, wie vorher besprochen worden ist, eine Fortsetzung des Scehandels, der allen Zweigen unsers Wirtschaftslebens heute unentbehrlich ist. Es gibt kaum ein Erzeugnis der Industrie, worin nicht überseeische Rohstoffe verarbeitet sind, entweder weil sie, wie die Baumwolle, uur in überseeischen Ländern vorkommen, oder weil sie das Inland nicht in genügender Menge hervorbringt. Ich nenne neben Eisenerzen an Landeserzeugnissen Wolle, Flachs, Holz, Häute. Der zunehmenden Bevölkerung entspricht die Einfuhr an Lebensmitteln aller Art, und wie die Landwirtschaft vieler mit Auslandsmitteln hergestellten Jndustrieartikel nicht für ihren Betrieb entbehren kann, so könnte sie auch den Teil der Nahrungs- Grenzboten II 1904 SO