Ver Mönch von IVeinfelden
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mit seinem kostbaren Blut erlöset und erkauft, den armen Hirten sowohl als den Höchsten, keinen ausgenommen. Nicht, daß wir gar frei sein wollen, wir begehren vielmehr der Obrigkeit in allen geziemlichen und christlichen Sachen gehorsam zu sein. Was wir aber heischen, ist: Ihr möget uns aus der Leibeigenschaft als wahre und rechte Christen entlassen, oder uns aus dem Evcmgelio dessen berichten, daß wir leibeigen sind.
Ist nicht Vonnöten, Theis, entgegnete Gyllis mit Befremden. Mir scheint, Ihr haltet Euch allzu genau an der Oberländischen Postulat. Denn mir ist nicht bekannt, daß zu Weinfelden einer leibeigen wäre. Wie denn auch ein jeder, dem es allhier nicht behagt, sonder Loskauf abziehn mag. Wenn sich aber doch einer für hörig erachtet, der trete vor!
Keiner rührte sich.
So ist der dritte Artikel abgetan, fuhr der Burgherr fort. Ihr sehet wohl, daß sich der, von dem Ihr Eure Wissenschaft habt, auf Weinfelder Recht und Herkommen schlecht versteht. Was begehrt Ihr weiter?
Zum vierten ist bisher der Brauch gewesen, daß kein Bauersmann Gewalt gehabt hat, das Wildbret, Geflügel oder Fische zu sahen, was uns ganz unziemlich dünket und dem Worte Gottes nicht gemäß. Denn es stehet geschrieben: Gott der Herr hat dem Menschen Gewalt gegeben über alle Tiere, über den Vogel in der Lust und über die Fische im Wasser. Darum ist unser Begehren: Ihr möget uns freigeben Fischfang. Wildbann und kleine Jagd, sonderlich zu der Zeit, da das Gewild auf die Äcker tritt und mutwillig verfrißt, was Gott dem Menschen zu Nutz hat wachsen lassen.
Das Antlitz des Burgherrn hatte sich mehr und mehr verfinstert. Jetzt wandte er sich zu dem hinter ihm stehenden Vogt um und sagte:
Niklas, ich weiß nicht, ob meine Ohren recht gehört oder mich geäfft haben. Was heischen die Hofeslcute?
Euer Liebden, sie sagen, es sei billig, daß Ihr ihnen den Wildbann uud die kleine Jagd freigäbet, dazu die Fischerei.
So hab ich also recht gehört! Leute, ihr wißt wohl nicht, was ihr da begehrt!
Er richtete seine Worte mit zitternder Stimme an die ganze Versammlung, ohne den Sprecher der Bauerschaft weiter zu beachten. Er war längst entschlossen gewesen, das Los seiner Hintersassen zu erleichtern und jeden berechtigten Wunsch zu erfüllen, aber jetzt, wo sie sein vornehmstes Prärogativ antasteten, regte sich in seinen Adern das alte Dynastenbwt.
Wenn das Gewild auf die Äcker tritt, fuhr er fort, und daselbst seine Nahrung sucht, so tut es nichts andres, als eure Kühe und Ziegen in meinem Walde tun. Oder vermeint ihr, es wäre dem Holzwuchs von Nutzen, wenn das Vieh die Spitzen und jungen Zacken abbeißt, oder wenn die Schweine die Pflänzlein zertreten und gänzlich verderben? Warum treibt ihr nicht in den Gemeindebusch? Dazu seid ihr freilich zu klug. Ich aber sage euch ernstlich: Lasset ab von solcherlei anmaßendem Begehr, es sei denn, ihr wollet meine Hand fühlen!
Die Banern standen wie versteinert, nur hie und da zog einer die Mütze ab. Aber ihre Bestürzung währte nicht lange, und mehrere erhoben zugleich ihre Stimme.
Wer mit mir zn reden hat, der trete heraus und bringe seine Sache in guter Ordnung vor! gebot Herr Gyllis. Jetzt blieben wieder alle still. Jeder sah sich nach den andern um. Da drängte sich Hans Störzner von Trippstadt durch die Schar der Weinfelder und begann: Es ist gänzlich unbillig und wider alles Recht, daß Ihr die armen Leute also beschweret und ihnen vorenthaltet, was Gott ihnen >o gut wie Euch gegeben hat —
Der Burgherr maß den Fremden mit erstauntem Blick. Ich kenn Euch nicht und hab mit Euch nichts zu schaffen. Was sucht Ihr hier?
Nichts als dieser Leute gutes Recht. ^ Dieser Leute Recht? Was kümmert das Euch? Soll ich einem Landfahrenden Rede stehn?