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Der Kreuzer München
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Der Kreuzer München

und nach Kur.haveu fährt beschuldigt das kanalfrenndliche nationalgesinnte Blatt den kanalfreundlichen Prinzen ob dieses echt nationalen Verhaltens der Mitwirkung an einer Zentrumsintrigue! Das ist jedenfalls alles andre als nationale Politik, Wir dürfen hoffen, daß sich Prinz Ludwig durch solche Leistungen der Druckerschwärze nicht beeinflussen lassen wird. Während ihn, die bayrischen Zentrumsorgcme sein reichstreues Verhalten verübeln, muß er sich in norddeutsche» Blättern, die sein Tnn mit Befriedigung registrieren sollten, dafür noch verdächtigen lassen. Wem denkt man eigentlich mit einer solchen Politik zu nützen, wenn anders das überhaupt noch Politik ist?

Weiter wird uns darin mitgeteilt, daßder bayrische Thronfolger" als ein Hort des Klerikalismus und des Partikularismus gelte,nnd zwar am meisten uuter den Parteigängern dieser politischen Richtungen selbst." Wenn diese Parteigänger ein Interesse daran haben, so etwas zn behaupten, so braucht es doch deshalb noch nicht richtig zu sein und man braucht es ihnen nicht ohne weiteres nachzubeten. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die bayrische Zentrnmspartei den Kmialpläneu des Prinzen durchaus unfreundlich gegen­übersteht. Sie mag ein Interesse daran haben, ihn trotzdem als Hort des Klerikalismns nnd des Partiknlarismus hinzustellen, weil sie ganz genan weiß, daß Prinz Lndwig in ihrem Sinne weder das eine noch das andre ist. Sollte der Prinz einmal als König auf dem bayrischen Throne sitzen einstweilen ist bekanntlich nicht erThronfolger," sondern sein erlauchter Vater, der Prinzregent ^, so wird er dem Zentrum die Herrschaft über die Krone Bayern nicht einräumen, dazu ist er eine viel zu stolze und selbstbewußte, zu vornehme aber auch viel zu einsichtige Natur. Sollte er dereinst seinem Vater als des Königreichs Bayern Verweser folgen, so wird er sich wie dieser vielleicht weniger durch die Verfassung als durch sein Gewissen gebunden fühlen, auf die Ausübung der vollen königlichen Initiative zu verzichten, ein Verhältnis, das natürlich dem Zentrum zugute kommt, und an dessen Fort­dauer dieses ein begreifliches Interesse hat. Darum dort auch der Eifer, den Prinzen als Hort des Klerikalismus hinzustellen. Prinz Ludwig ist ein auf­richtiger, gläubiger Katholik, das ist seiu persönliches Recht. Aber er ist viel zu sehr von der Bedeutung seiner fürstlichen Stellung durchdrungen, als daß er Krone nnd Land den Anforderungen eines engherzigen Konfessionalismus blindlings unterordnen sollte. Der verewigte Kaiser Friedrich war als Kron­prinz nach Bismarcks wiederholten Äußerungen von einem hochgradigen Olympiertnm" erfüllt. Nichts andres darf man hinter demPartikularismus" des Prinzen Ludwig suchen. Er fühlt sich als Bayer und als Wittelsbacher und ist dabei mit dem starken, an sich hoch zu schützenden Unabhnngigkeitssinn ausgestattet, der die Altbayern auszeichnet.

Prinz Ludwig hat wie viele seiner Landsleute nnd wie die meisten Mit­glieder des bayrischen Königshauses den neuen Verhältnissen, die das Jahr 1870 geschaffen hat, anfänglich wenig sympathisch gegenübergestanden. Aber unserm auch von ihm hochverehrten alten Kaiser gegenüber hat er schon bei dessen Leb­zeiten längst jeden Widerspruch gegeu die Schöpfung von 1870 aufgegeben und sich ehrlich und mit voller Überzeugung auf den Boden des Reichsgedcinkcns gestellt. Daß er bei der Moskauer Kaiserkrvnung einer Taktlosigkeit gegenüber