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Die Fürsorge für die Arbeiterjugend
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Die Fürsorge für die Arbeiterjugend

privaten Vereinsthntigkeit, der kommunalen und der staatlichen Verwaltung stelle, und er erklärt das folgendermaßen:

Fürsorge für die aus der Schule Entlassenen sei immer geübt wordeu. Früher habe man sie nicht plötzlich ins Leben hinausgestoßen aus der Vor­mundschaft der Eltern und der Schule, sondern sie allmählich hinüber geleitet durch die Lehre bei einem Handwerksmeister oder, bei der weiblichen Jugend und ans dem Lande, durch den Gesindedicnst. In jedem Falle seien die aus der Schule Entlassenen in einen neuen Haushalt als Mitglieder eingetreten, der eine etwas freiere, im allgemeinen doch ähnliche Zucht ausgeübt habe wie der väterliche. Lücken in diesem Erziehungssystem und Alisnahmen von diesem Lauf der Dinge habe es gewiß uicht wenig gegeben: schlechte Lehrmeister, die ihre Pflicht verletzten, gewissenlose Dienstherrschaften, die ihr Gesinde schlecht beherbergten und schlecht beköstigten, unordentliche Wirtschaften, die nicht als Muster dienen konnten, auch liederliche junge Leute, die sich keiner Zncht fügen wollten oder sich nicht an die bürgerliche Seßhaftigkeit gewöhnen konnten und vagabondierend umherzogen. Aber alle diese Fülle seien eben, mochten sie auch ziemlich zahlreich auftreten, doch als Ausnahmen erschienen, als Verstöße gegen die allgemeine Pflicht und Ordnung, und das einzige Mittel, sie zu beseitigen oder wenigstens zu vermindern, sei darum dieethische" Einwirknng auf die Pfleger und Erzieher einerseits und die Pflegebefohlnen und Zöglinge andrerseits gewesen.

Das sei alles anders geworden, seit sich diemodernen Arbeiterverhält- nisse" mehr und mehr entwickelt hätten. Die moderne Großindustrie sei auf­gekommen mit ihren Scharenungelernter Arbeiter," die keiner Lehrzeit be­durften und deshalb nicht für Jahre an einen Ort gebunden waren, die durch frühzeitiges Geldverdienen zn eineruuerhörteu" Selbständigkeit gelangten, sich von ihrer Familie gleich nach der Entlassung aus der Schule loslösten, um an fremden Orten selbständig Lohnverträge abzuschließen, eiue Schlafstelle zu mieten, selbst für Beköstigung und Kleidung zu sorgen und über den Rest des Arbeitsverdienstes ganz nach eignem Ermessen zn verfügen. In der Land­wirtschaft seien ähnliche Veränderungen eingetreten, Sachscngängerei und Wanderarbeit seien aufgekommen. Auch die jungen Mädchen in Stadt und Laud Hütten den Männern nachgeahmt nnd wären in die Fabriken gegangen, um bares Geld zu verdienen. Die Zahl derer, die sich als Dienstboten einem Haushalt anschlössen,nm sich zu Hausfrauen auszubilden," sei immer kleiner geworden. Nnd Berufe hatten sich dein weiblichen Geschlecht erschlossen, die vielfach mich eine frühere Loslösung aus dem Familienverbande notwendig machten. Dabei hätten die Erwerbsverhältnisse ihre Stetigkeit verloren. Arbeit- lvsigkeit unterbräche den regelmäßigen Verdienst. Manche Industriell ver­langten Arbeiter nur zu gewisseu Jahreszeiten. Für die jungen Handwerker sei die Aussicht, zur Selbständigkeit zu gelangen, immer geringer geworden. Welche Berufe noch Aussichten böten und welche nicht, könne der Vater, der Vormund nicht mehr beurteilen. Der ernstere Teil der Jugend habe angefangen,