Contribution 
Auf klassischem Boden
Page
387
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Auf klassischem Boden

387

Er hatte sich, seit er die Galerie hier hütete, eine eigne Technik ausgebildet, die Jnglesi zu behandeln. Änßerte eines dieser blonden Häupter die Absicht, in der Galerie zu kopieren, so machte er so viel Schwierigkeiten, als seine Macht­befugnisse es irgend erlaubten. Er wußte, daß ihre Energie nachhaltig und ihre Beutel kapitalkräftig genug waren, Hindernissen standzuhalten. In fortschreitenden! Maße, je nach Handhabung des Beutels, sanken alsdann die Hindernisse, und Sor Cesare, der so unermüdlich die Wege geebnet hatte, durfte in kurzem, wenn die Kopiefertig" war, noch einen ansehnlichen klingenden Dank erwarten.

Mit dem Kopieren selbst machten sie kurzen Prozeß. Namentlich die Ameri­kanerinnen. Mit dem welterobernden Trieb ihrer Nation haben sie auch die Malerei in entschlossene Hnnde genommen. Beruf ist ihnen etwas Untergeordnetes, denn jeder energische Mensch mnß können, was er will. In den Malschulen, wo dieser Ansicht ein zaghafter Widerstand entgegengesetzt wird, bleiben sie nicht lange. Sie gehn wie Siegfried auf eigne Hand ans Werk. Wenn sie alsdann vor einem wehrlosen Originalgearbeitet" haben, so tragen sie die bunte Leinwand übers Meer, als Beweis, daß der angreifende Mut ihrer Rasse auf allen Linien den europäischen schlagen muß, der durch deu Ballast von Pietät und Selbstkritik ewig zum Zögern verdammt ist.

In einem Fall aber hatte sich Sor Cesare von seiner Kenntnis der Jnglesi betrogen gesehen. Marianne Willeboer, die sie in der Malschule kurzer Hand Will" genannt und damit ihre schnelle, energische Art ganz gut gekennzeichnet hatten, hatte sich auch kurz und entschlossen bei dem Conservatore, Sor Cesares Vor­gesetztem, melden lassen. Dann waren Sor Cesares eigne Machtbefugnisse in Frage gekommen. Sie erkundigte sich bei ihm, an welchen Tagen ein Platz vor dem Original frei wäre.

Vorläufig gar nicht, hatte Sor Cesare geantwortet. Mehr als zwei Staffe­lten dürfen nicht davor stehn . . .

Aber heute zum Beispiel steht nur eine davor, hatte sie gesagt, vielleicht wird das morgen wieder so sein?

Vielleicht kommt mir einer der Künstler, erwiderte er, aber der zweite Platz ist auch vergeben und muß freigehalten werdeu, für den Fall, daß der kommt, dem er gehört.

Jetzt mußte programmmäßig der Geldbeutel in Wirkung treten. Diese Blonde sngte aber einfach, sie würde den Herrn Conservatore fragen, ob sich das nicht ein­richten ließe, und machte eine Wendung auf das Zimmer zu, worin der Conservatore Audienz gab.

Der Herr Conservatore siud heute schon fortgegangen, sagte Sor Cesare hastig. Wann kommt er wieder?

Im Laufe der Woche wird er wohl noch einmal kommen. Übrigens kann die Signvra ja morgen herkommen. Vielleicht läßt sich inzwischen irgend eine Aus­kunft finden, wir werden ja sehen . . .

Sie kam also am folgenden Morgen, und ihre Staffelei war die einzige vor dem Original. Von dem gedrohten Zudrcmg war einstweilen nichts zu sehen. Die Staffelei war aber unbequem, und Sor Cesare brummig.

Die Maleriu hatte sich jedoch behende an die Arbeit gemacht, hatte scharf ge­prüft und ruhig aufgezeichnet. Als sie das eine Stunde oder länger betrieben hntte, war Sor Cesare aus der Eutfernnng hinter sie getreten und hatte gesagt:

Ns. s artistA, lei aber Sie sind ja Künstlerin!

Von da an fand sich eine bequeme Staffelei, und an Tagen, wo ein zweiter vvr dem Original arbeitete, rückte Sor Cesare selbst die Plätze so, daß die blonde Will nicht schlechter stand als der andre.