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Herbsttage in der Lifel
Frieden eingezogen, mehr Ruhe und Friede allerdings, als den Blankenheimern lieb ist. Das Blankenheimer Grafengeschlecht, das hier residierte, war eine der begütertsten und mächtigsten Familien der Eifel, ihr waren nicht weniger als sechsundneunzig Adelsgeschlechter lehuspflichtig. Auch Gerolstein gehörte zu ihrem Besitz, und die „Grvßherzogin von Gerolstein," zn der sich Offenbach aus der Geschichte der Blankenheimer Grafen seinen Stoff geholt hat, ist keineswegs, wie wohl die meisten Verehrer dieser leichten musikalischen Ware annehmen, lediglich ein Phantasiegebilde des Librettisten. Entwickelte doch der kleine Hof einen Prunk, der den Aufwand mancher größeren Fürsten übertraf! Sogar ein eignes Hoftheater war vorhanden, und die Kunstsammlungen, die Graf Hermann von Blankenheim begründet hatte, die aber in der Revolutionszeit in alle Winde zerstoben, hatten einen europäischen Ruf. Sogar für die Bildung ihrer Unterthanen hatten die Grafen Geld übrig: in dem heute als Pfarrhaus benutzten großen Gebäude war ein Seminar mit geistlichen! Kollegium und Gymnasium, die der Landesherr aus eigner Tasche unterhielt. Politisch haben die Blankenheimer namentlich im dreizehnten Jahrhundert eine Rolle gespielt; Gerhard IV. kämpfte in der blutigen Schlacht bei Worringen an der Seite des unglücklichen Kölner Erzlnschofs Siegfried von Westerburg gegen die Kölner Bürgerschaft und deren fürstliche Verbündete, den Herzog Johann I. von Brabant und den Grasen Adolf von Berg. Derselbe Gerhard trat durch seine bald darauf geschlossene Ehe mit Ermesindis von Luxemburg in nahe verwandtschaftliche Beziehungen zu den höchstgestellten Personen dieser Zeit: seine Schwäger wareu der deutsche Kaiser Heinrich VII. nnd der allmächtige Erzbischof Balduin von Trier, sein Neffe der König Johann von Böhmen. Man wird nicht fehlgchn, wenn man annimmt, daß diese Familienverbindungen auch iu materieller Hinsicht für das Eifeler Dynastengeschlecht von segensreichein Einflüsse gewesen sind. Gerhards Sohn, Arnold, kämpfte unter Ludwigs des Bayern Fahnen gegen Frankreich und focht im Solde Eduards III. von England in der Schlacht bei Cresfy, wo ihm auf feindlicher Seite sein Vetter und Freund Johann von Böhmen gegenüberstand, der, obwohl völlig erblindet, wie ein Löwe kämpfend den Tod auf der Walstatt faud.
Zweimal wurde das im Mannesstnmm erloschne Blankenheimer Geschlecht durch Seitenlinien fortgeführt, zuletzt im Jahre 1780 durch die aus Mähreu stammende Familie Sternberg, die aber beim Einfall der Franzosen, im Jahre 1794, flüchten mußte, nnd deren Nachkommeil heute ihr Besitzrecht an den Trümmern der Blankenheimer Burg mit Entschiedenheit verleugnen. So ist eine der schönsten Nuiuen des Eifellcmds herrenlos. Es wäre zu wünschen, daß die preußische Regierung bei der Anlegung des Grundbuchs diesem Mißstande ein Ende machte und von der so malerischen Burg selber Besitz ergriffe, um deren gänzlichen Verfall zu verhindern.
Ein stattlicher mehrstöckiger Ban dicht unterhalb der Schloßrnine, der aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch aus der Glanzzeit Blnnkenheims stammt, wird heute noch bewohnt und dient einem in der Gegend begüterteil ehemaligen Offizier als Herrenhaus. In der Nähe steht eine kleine gotische Kirche ans' dem ersten Jahrzehnt des sechzehnten Jahrhnnderts, in deren Krypta die sterblichen Neste einiger Blankenheimer Grafen in einem gemeinsamen Sarkophage ruhn. Es sind die letzten Überbleibsel aus dem von den Franzosen geplünderten und zerstörten Erbbegräbnisse. Die Kirche selbst verrät Kunstsinn und Wohlstand ihrer Erbauer. An Schnitzwerk und Statuenschmuck ist nicht gespart worden, und das fein gegliederte Netzgewölbe dürfte in der ganzen Provinz seinesgleichen suchen. Bei meiner Anwesenheit in Blankenheim war man gerade