202 Sind die heutigen Arbeiterunterstützungsverbände Versicherungsgesellschaften?
Schlaukopfes als schlechten Juristen — die bisherigen Unterstützungsvereine in angebliche Wohlthätigkeitsvereine verwandelten, d. h. man glaubte durch eine bloße Fassungsänderung der Statuten den Versicherungsanspruch in ein „Geschenk" oder auch die beiderseitigen Vertragsleistuugen — Beitrag und Unterstützung — in „freiwillige" Leistungen umwandeln und durch eine förmliche Ausschließung „jedes gesetzlichen oder Klagerechts" auf die Unterstützungen die Erfüllung der bisherigen Rechtsansprüche in das ungebundene Ermessen der Verbandsorgane stellen zu können. Als ob durch bloße Wortänderungen der Rechtscharakter der Einrichtungen, die im übrigen ganz dieselben blieben, verändert werden könnte!
Diese Versuche mußten schon deshalb erfolglos bleiben, weil Wohlthätigkeitsund Gegenseitigkeitsvereine grundsätzlich einander ausschließen. Denn die erster» wirken lediglich zu Gunsten Dritter, sie bezwecken uneigennützige Zuwendungen an Personen, die zu dem Vereine in keinerlei Rechtsverhältnis stehen. Ein solches entsteht erst durch die Hingabe der Unterstützung und, je nachdem dieses Rechtsgeschäft den Charakter eines einseitigen oder zweiseitigen Vertrages annimmt, liegt eine Schenkung vor oder nicht (wie z. B. bei Kreditvereinen zu Gunsten unverschuldet Verarmter). Während die Unterstützungen hiernach stets freiwillige sind, da sie nicht gefordert, sondern nur erbeten werden können, können anderseits die Beiträge ebensowohl freiwillige als pflichtmäßige sein; aber stets bleiben die Kreise der Veitragenden und der Unterstützten einander fremd.
Gegenseitigkeitsvereine dagegen verfolgen immer eigennützige Interessen, weil ihre Wirksamkeit auf den Kreis der Vereinsmitglieder oder Gesellschafter beschränkt bleibt. Hier bedeutet die Unterstützungsleistung nicht erst die Eingehung eines Rechtsverhältnisses zwischen Geber und Nehmer, sondern die rechtliche Folge eines schon bestehenden, d. h. der Unterstützungsbedürftige kann auf Grund des Gesellschaftsvertrages die betreffende Leistung fordern, und zwar wird diese regelmäßig den Charakter der Gegenleistung annehmen, weil bei den Gegenseitigkeits- gesellschaftcn Beitrags- und Unterstützungszahlungen auf denselben Personenkrcis zusammenfallen. Anderseits brauchen auch hier die Beitragszahlungen nicht notwendig Pflichtbeiträge zu sein, weil dies den Nechtscharakter der Gegenseitigkeitsgesellschaft an sich nicht berührt; denn auch die Nichtzahler würden gleichwohl einen Klageanspruch auf die Unterstützungen haben, da sie den auch mit zu ihren Gunsten von den Beitragszahlern abgeschlossenen Verträgen auf Grund des Gesellschaftsvertrages von Rechtswegen als beigetreten zu erachten wären (vergl. U 74 und 75,1. 5 A. L.-R.). Ganz zweifellos gilt dies für Fälle der vorliegenden Art, weil Versicherungsverträge ganz unbeschränkt zu Gunsten Dritter geschlossen werden können, d. h. diesen auch ohne ihren Beitritt selbständige Klagerechte geben.
Hiernach zeigt sich die grundsätzliche Verschiedenheit zwischen Wohlthätigkeitsund Gegenseitigkeitsvereinen darin, daß sich die Unterstützungszahlungen bei den