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Einrichtungen kein Ende, in den alten Provinzen wurde in unerquicklichster Weise zwischen Fortschrittsmännern und Nationalliberalen parlamentirt und gehadert. Dann kamen die Tage des salzburger Kaiserbesuchs, die Kämpfe um die Erneuerung des Zollvereins, die parlamentarischen Debatten der Baiern und Würtemberger über die AManceverträge, die Wochen allgemeiner Spannung auf den drohenden italienisch-französischen Conflickt, die periodisch wiederkehrenden Gerüchte von einer französischen Einmischung in die Verhandlungen um Nordschleswig.
An Gründen zur Depression mangelte es überhaupt nicht. In Sachen des neuen Bundes machte man namentlich außerhalb Preußens die Erfahrung, daß die mangelhafte Ausbildung der Exekutivorgane der Ausführung vieler Bundesbeschlüsse hemmend in den Weg trat und daß die wichtigsten neuen Gesetze durch Einfälle und Gewohnheiten kleinstaatlicher Beamten reformirt und modificirt wurden. Die Neuheit der gegebenen Verhältnisse bedingte serner eine rücksichtsvolle Zartheit des Bundespräsidiums gegen die verbündeten Negierungen und Höfe, welche zu der Rücksichtslosigkeit dieser in eben so peinlichem Contrast stand, wie zu der Entschiedenheit, mit welcher Volkswünsche für bundesmäßige Intervention in inneren Fragen abgewiesen wurden. Endlich wurde das Verhältniß des Bundeskanzlers zur nationalliberalen Reichstagspartei, das bis dazu ein mindestens erträgliches gewesen war, im April d. I. ernstlich getrübt und als der Bundesrath dem Miquölsche Amendement zu § 17 seine Zustimmung versagte, konnte der Particularismus jubelnd den Beginn eines neuen Conflicts verkünden.
Wenige Wochen später trat das Zollparlament zusammen, auf welches die Freunde der nationalen Sache die Hoffnungen gesetzt hatten, die bis dazu unerfüllt geblieben waren. Das Resultat ist gewesen, daß die von den Verträgen bezeichnete Linie nicht um eines Haares Breite überschritten ist und den Vertretern des Südens dennoch für die äußerste Grenze der dem Einigungsbedürfniß zu machenden Concessionen gilt. Nur der Eifersucht und dem kleinlichen Mißtrauen, welches die blos in ihrem Gegensatz gegen den Norden sestgeschlossene süddeutsche Opposition zersplitterte, hatte man es zu danken, daß die deutsche Frage nicht durch Constituirung eines selbständigen Südbundes in antinationalem Sinne ihre Lösung fand.
So scheint die Geschichte der letzten Jahre ein Abbild desselben Entwickelungsganges zu bieten, den die Deutschen in der Zeit nach der großen Erhebung von 1813 durchmachten: hochgespannte Hoffnungen und Erwartungen, die sich zu kleinlicher Zerfahrenheit und eigensinniger Selbstgenügsamkeit ebben, sobald die durch frisches Siegesgefühl erzeugte Begeisterung verflogen ist. Denn weder läßt sich behaupten, daß die Regierung, welche an der Spitze des neuen Bundes steht, beständige Fühlung mit den Führern des
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