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Neue theologische Literatur.
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ohne Zweifel große Heiterkeit und bei näherer Nachforschung Dankbarkeit gegen den Meister von Nazareth hervorrufen mußten. Der Speisemeister hatte das Treffliche des Getränks hervorgehoben, und mit Recht; daß der köstliche Wein sehr verdünnt war. wurde ohne Zweifel von den Wohlgesinnten. Mäßigen mit Dankbarkeit empfunden, denn der Trank war erfrischend und wohlschmeckend zu­gleich, und sein Genuß erhöhte die heitere Stimmung der Gäste, ohne den Rausch zu vermehren. Mit Einem Worte: das Gute siegte. Jesus hatte seinen menschen­freundlichen Zweck erreicht und das Fest hatte schön geendet. Nun wenn das der Vorgang war, welcher der Erzählung des Johannes zu Grunde liegt, so hat Jesus ohne Zweifel für die Heiterkeit der Hochzeitsgäste Von Kana, sein Ge­schichtsschreiber und Ausleger aber für die Heiterkeit spätester Geschlechter gesorgt!

Nicht minder rationalistisch ist die Erklärung der Auferstehung Jesu. Die Auflösung war noch nicht eingetreten, Jesus kam mit demselben Leibe wieder aus dem Grabe hervor, kurz, er war nur scheintodt gewesen, verkehrte noch 40 Tage mit seinen Jüngern und ging nach dem Abschied von ihnen über die Grenze nach Phönixen, um dcu Heiden zu predigen, ohne jedoch die Aufregung der letzten Wochen und Tage lange zu überleben. Leider vermißt man eine eingehende Erklärung der vomAugenzeugen" Johannes berichteten Auser- weckung des Lazarus. dieses Prüfsteins für alle Auslegungskunst. Doch geht aus einer hingeworfenen Aeußerung von dertödtlichen Krankheit" des Lazarus hervor, daß auch hier der Scheintod das bequeme Auskunftsmittel ist.

Bekannt ist die mystische Terminologie, mit welcher Bunsen die Bibel in den Mittelpunkt der Weltgeschichte zu rücken bestrebt war. Damit hängen seine Theorien über Offenbarung und Schrift, seine Ausführungen über denwelt­geschichtlichen Bibclschlüssel", überweltgeschichtliche Kritik" u. s. w. zusammen, denen kaum mehr als eine rein subjective Bedeutung zukommt; was um so Walcr ist, als das ganze Bibelwerk bekanntlich für die Gemeinde bestimmt sein s°U. Man kann es fast tragisch nennen, daß hinter diesem Werk, das eine so umfassende Bestimmung zur Aufschrift hat, niemand steht, als die Persönlichkeit seines Verfassers. Auch' in der Vorliebe, mit der gewisse Partien behandelt sind, verräth sich die Subjektivität des Verfassers. Bunsens besondere Lieb­haberei war die Chronologie, und so ist auch in dem Leben Jesu auf die chro- nolvgischcn Untersuchungen ein undenklicher Fleiß und Scharfsinn verwandt, der mit der Wichtigkeit der Ergebnisse in gar keinem Verhältnisse steht, davon ab- gesehen, daß die Berechnungen durchaus aus sehr unsicherem Grund ruhen. Bunsen weiß ganz genau, daß Zacharias seinen Dienst am Tempel am 3. October des Jahres 748 angetreten und am 9. beendigt hat. Bis auf den Monat und fast den Tag wird die Empfängnis; des Johannes, seine Geburt, die Vermach-

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