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ergänzen. Es sieht eigentlich wohl so aus, als habe das ein ornamentbildender Goldschmied ersonnen. Genug, dieser Gedanke wurde acceptirt, und so erhielt die Gruppe England den Leoparden, Nicderland den Löwen, Preußen den Adler, Braunschweig-Hannover das Pferd. Nur die drei ersten stehen, auch jetzt erst im Modell, fertig; an der letzten arbeitet nach vielfachem Experimentiren, Verwerfen und Acndcrn Fischer noch immer. Mit der Marmorausführung jener, die ohne seine Schuld durch Jahrzehnte verschleppt wurde, scheint nun endlich Ernst gemacht werden zu sollen. Sämmtliche Gruppen haben etwas Blendendes und Bestechendes. Es ist ein Zug, ein Schwung und Feuer darin, die wir nicht grade bei vielen berliner Arbeiten finden. Die Zusammenstellung dieser in Mitleidenschaft versetzten Thiere mit den leidenschaftlich bewegten menschlichen Jdcalgcstaltcn giebt ihnen dazu ein ganz originelles, von dem hier gewohnten abweichendes Gepräge. Der über der Leiche seines gcfallnen Genossen stehende, mit Schild und hochgeschwungencr Streitaxt den Angriff abwehrende Engländer, mit dem pfauchenden Panther an seiner Seite; der bärtige Repräsentant Hollands mit Schild und Keule zwischen dem gewaltigen Löwen und dem nackten Jünglingsknaben (Nassau), der den Pfeil vom Bogen in seiner Hand in den Feind gesendet hat; die wie mit „dem letzten Athemzug" in stürmischer Hast zur Rettung herbeieilenden Preußen, alter Krieger und junger Schwertträger mit dem ausschreitendcn Adler neben sich — das sind Gestalten und Gruppen, die nur einer kühnen Phantasie entspringen, nur von einer ungewöhnlichen und ganz eigenartigen Künstlerkraft so herausgearbeitet werden konnten. Was ihnen fehlt, ist die Strenge, die gründliche Solidität, die plastische Ruhe, wie sie Rauch so sicher zu bewahren wußte. Der Effect ist immer frappant; aber in Formen und Bewegungen ist oft genug stark chargirt; mit der natürlichen Wahrheit in der Durchführung, wie mit der reinen plastischen Schönheit ist es nicht immer genau genommen. Immer sind es geistreiche und phantasievolle Decorativncn, deren endliche Aufstellung Berlin zur höchst charakteristischen Zierde gereichen wird.
Durch die Figur eines Luther (für den Grafen Schwcrin-Wolfshagen in gebranntem Thon ausgeführt); durch die silberne Votivtafel mit ihrem prächtigen ornamentalen und figürlichen Schmuck, welche dem regierenden König zur Feier der silbernen Hochzeit dargebracht wurde; ferner durch die vielbesprochne Composition des silbernen Ehrenschildcs, den unsre Feudalen dem „Heldenkönig" Franz dem Zweiten von Neapel stifteten, hat Fischer neue künstlerische Lebenszeichen von sich gegeben während des letzten Jahrzehnts. Daß die letztere in teressante Arbeit mehr den Humor als die durch sie wohlgerechtfertigte künstlerische Anerkennung geweckt hat, ist nicht des Meisters Schuld, sondern die der Aufgabe. Grade je vortrefflicher er den unsinnigen Stoff bearbeitet hatte, desto mehr mußte sein Werk zu einer heitern Wirkung anregen. Denn ist es